Internationale Liga für Menschenrechte

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Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2025

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Die Internationale Liga für Menschenrechte sieht mit viel Besorgnis auf die derzeitigen weltweiten Kriege und Krisen, die immer stärker werdende Spaltung in der Gesellschaft sowie das Wachstum von strukturellem und institutionellem Rassismus. In diesem Kontext findet in wenigen Wochen die vorgezogene Bundestagswahl in Deutschland statt und lässt die Frage offen: Wie gehen die einzelnen zur Wahl stehenden Parteien mit diesen Themen um? Wie wollen sie Verantwortung übernehmen und für die Menschenrechte in Deutschland und weltweit einstehen?

Gemeinsam mit der Eberhard Schulz Stiftung für soziale Menschenrechte haben wir aus diesem Grund am 29. Januar 2025 eine Auswahl an Wahlprüfsteinen an die Parteien gesendet, mit der Bitte um eine klare Darstellung ihrer konkreten Vorhaben sowie deren Standpunkte. Darin stellen wir kritische Fragen zu Themen sozialer und allgemeiner Menschenrechte und gehen u.a. auch auf die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft sowie auf die Verantwortung Deutschlands im Zusammenhang mit dem Haftbefehl des IStGH gegen Benjamin Netanyahu und Yoav Galant ein.

Denn für uns gilt: Demokratie und freie Wahlen können nur gewährleistet werden, wenn die Bevölkerung informiert und aufgeklärt ist.

Die Rückmeldungen einiger Parteien kamen schnell (SPD, BSW, CSU, Bündnis 90/Die Grünen), jedoch fast immer mit dem gleichen Tenor: aus zeitlichen Gründen sei es den Parteien nicht möglich, unsere Wahlprüfsteine zu beantworten. Vom BSW kam diesbezüglich nur eine standardisierte Antwort und von der CSU lediglich ein Verweis auf das Wahlprogramm. Bündnis 90/Die Grünen und SPD führten näher aus:

Angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Bundestagswahlkampf haben sich die Generalsekretär*innen der Parteien SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, CDU, CSU und Die Linke darauf geeinigt, nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten.

Dies weckt in uns Fragen und Sorgen: Nach welchen nachprüfbaren Kriterien wurde diese Vereinbarung getroffen und von wem? Ist wirklich die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums abgebildet?

Ähnliches hat das Medium für digitale Freiheitsrechte netzwerk.org hinterfragt und recherchiert – mit dem Ergebnis, dass viele Teile der Gesellschaft in der ausgewählten Liste nicht berücksichtigt wurden und etwa die Hälfte der Organisationen aus dem wirtschaftlichen Sektor stammt. Ganz konkret schreibt netzwerk.org:

Wie ist die Liste zustande gekommen? Die Organisationen auf der Liste wissen es offenbar teils selbst nicht. Einen Bewerbungsprozess oder ähnliches habe es nicht gegeben. Wir haben die beteiligten Parteien nach den Auswahlprozessen gefragt. Ebenso wollten wir unter anderem wissen, was passiert, wenn eine nicht-gelistete Organisation eigene Prüfsteine schickt. Aus der SPD-Pressestelle heißt es: ‚Wir bitten Sie um Ihr Verständnis, dass weitere Details zum angepassten Verfahren in dieser besonderen Situation Teil des vertraulichen Abkommens zwischen den Parteien sind.

In diesem Sinne möchten wir unsere Besorgnis über die Vorgehensweise der entscheidenden Parteien äußern, da wir ein klares Ausbleiben eines transparenten Prozesses und die Exklusion vieler gesellschaftlich wichtiger Themen erkennen. Der zeitliche Faktor ist dabei ein verständlicher Punkt, kann aber nicht über der demokratischen Vielfalt und Aufklärung stehen. Denn auch trotz der zeitlichen Knappheit ist das Ziel aller Parteien, nach den Wahlen vier Jahre lang zu regieren und ihre Ideen umzusetzen.
Ergo: Die Notwendigkeit einer ausgewogenen Anhörung aller zivilgesellschaftlichen Bereiche ist ebenso wichtig wie bei anderen Bundestagswahlen und kann nicht durch einen Verweis auf die einzelnen Wahlprogramme ersetzt werden.

Die Partei Die Linke war ebenfalls an der Vereinbarung beteiligt und antwortete daher, sie könne unsere Wahlprüfsteine nicht als solche behandeln. Dennoch legte sie ihre Haltung zu einigen der von uns angesprochenen Themen dar, wenngleich Themen wie die (Ent-)Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und der Schutz der Versammlungsfreiheit und Zivilgesellschaft nicht thematisiert werden.

Im Kampf gegen die explodierenden Mieten möchte Die Linke mithilfe eines bundesweiten Mietendeckels Mieterhöhungen für die nächsten sechs Jahre unterbinden und besonders hohe Mieten in angespannten Wohnungsmärkten absenken. Auch fordert die Partei eine Investitionsoffensive in sozialen Wohnungsbau in Höhe von 20 Milliarden Euro pro Jahr.
Als antimilitaristische Partei lehnt Die Linke die massiven Steigerungen der Rüstungsausgaben ab. Durch sie bestehe die Gefahr, dass ein recht kleiner Industriezweig starke Lobbymacht und hohes Erpressungspotential gegenüber der Politik erlangt.
Mehr politisches Gewicht Deutschlands auf globaler Ebene könne kein Selbstzweck sein. Stattdessen möchte Die Linke Deutschlands vorhandenes Gewicht nutzen, um auf eine zivile Konfliktbearbeitung zu drängen. Zum Zwecke der Glaubwürdigkeit sei dabei insbesondere erforderlich, ohne doppelte Standards für das Völkerrecht einzutreten. Daher verlangt Die Linke, dass die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanyahu und Gallant respektiert und ggf. vollstreckt werden.
Das individuelle Recht auf Asyl sieht Die Linke durch die geplanten Schnellverfahren unter Haftbedingungen an den EU-Außengrenzen, rechtswidrige Zurückweisungen an den deutschen Grenzen und sichere Dritt- und Herkunftsstaatenregelungen zunehmend in Gefahr. Sie möchte das Menschenrecht auf Asyl weiter verteidigen und Rechtsverstöße offenlegen und kritisieren, unter anderem mittels kritischer Anfragen an die Bundesregierung. Anstelle von Abschiebungen um jeden Preis, seien effektive Bleiberechtsregelungen und ein humanitärer und rechtsstaatlicher Umgang auch mit ausreisepflichtigen Menschen notwendig.

Darüber hinaus sendeten uns noch drei kleinere Parteien ihre Antworten zu unseren Wahlprüfsteinen: Die Piratenpartei, die Freien Wähler und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW).

Die Piratenpartei antwortete allerdings nur auf vier der acht Fragen.

Der Wohnungskrise möchte sie mit einer Mietpreisbremse, mehr sozialem Wohnungsbau und Entbürokratisierung begegnen.
Sie spricht sich für eine „leistungsfähige Rüstungsindustrie“ aus und sieht Einschränkungen bei Rüstungsexporten (nur) für Staaten vor, die weder strategischer Partner noch NATO-Mitglied sind.
Der § 218 StGB und damit die Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen soll abgeschafft werden.
In Bezug auf das Recht auf Schutz und Asyl ist der Piratenpartei das Bekämpfen von Fluchtursachen sowie eine dauerhafte und erleichterte Integration von Menschen anstelle von Duldungen wichtig. Zuwanderung wird jedoch auch als Instrument betrachtet, das die Finanzierungsprobleme der Rentenkassen und Sozialleistungen lösen soll.

Die Antwort lässt dabei wichtige Fragen außer Acht: Die Piratenpartei positioniert sich nicht zum Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Natanyahu und Gallant und äußert sich ebenso wenig zur internationalen Verantwortung Deutschlands im Bereich des globalen Handels und der Lieferketten. Auch mögliche Maßnahmen zum Schutz der Versammlungsfreiheit und der Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft schlägt die Piratenpartei nicht vor.

Die Freien Wähler antworteten auf alle Wahlprüfsteine. Einige der Aussagen betrachten wir dabei mit Besorgnis.

Die Freien Wähler bezeichnen einen Mietendeckel als „investitionsfeindlich“ und sprechen sich stattdessen für zweckgebundene Bürgeranleihen nach Münchener Modell aus.
Beim Thema Waffenlieferungen geht die Partei ausschließlich auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine ein und verlangt hierbei „modernste Waffentechnik“ für die Ukraine. Andere Länder, an die Deutschland Waffen liefert, werden nicht thematisiert. Für die Frage der Waffenexporte halten die Freien Wähler die Auswirkungen von Kriegen auf das Klima für „völlig unerheblich“.
Des Weiteren wird eine Ablehnung der Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanyahu und Gallant erkennbar und die Partei sichert Israel bedingungslose Unterstützung „auch in schweren Stunden“ zu.
Außerdem sollen die aktuellen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit im Zuge der „Nie wieder ist jetzt“-Resolution, die zur Repression von Protesten gegen die israelische Regierungspolitik geführt hat, zwar eng überwacht, aber weitergeführt werden.
In Bezug auf den globalen Handel betonen die Freien Wähler die menschenrechtliche Verantwortung globaler Unternehmen und fordern einen Exportstopp von Plastikmüll und Elektroschrott. Die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe sei wichtig, um unabhängiger von China zu werden.
Schwangerschaftsabbrüche sollen nicht strafbar sein, jedoch sprechen sich die Freien Wähler klar für den Erhalt der Pflichtberatung aus.
Zur Sicherstellung des Rechts auf Asyl und Schutz wollen sie zwar „legale Wege der Einreise schaffen“. Gleichzeitig fordern sie aber „Lösungen vor Ort […], die wir nötigenfalls militärisch mit UN-Mandat sichern müssen“ und halten Flüchtlingszentren in Drittstaaten für eine „pragmatische Lösung“. Asylanträge sollen allein im ersten sicheren Drittstaat und daher grundsätzlich nicht in Deutschland gestellt werden dürfen.
Die Zivilgesellschaft möchten die Freien Wähler durch die Einrichtung von „Bürgeranwaltschaften“ als Anlaufstellen im Falle von Grundrechtseingriffen schützen. Sie betonen jedoch auch: „Konsequentes Handeln des Staates für die Sicherheit der Bürger erfordert im Einzelfall Grundrechtseingriffe.“ Unklar bleibt, was „Sicherheit“ in diesem Kontext genau bedeutet und wann sie Grundrechtseingriffe rechtfertigt. Schließlich wird das Argument der Sicherheit nicht selten verwendet, um Menschenrechte, Völkerrecht und Grundrechte zu missachten.

Auch der SSW beantwortete alle Fragen, bleibt dabei jedoch stellenweise vage.

Das Recht auf Wohnen möchte der SSW mithilfe einer Weiterführung der Mietpreisbremse und mehr sozialem Wohnungsbau stärken. Die Partei fordert eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen durch den Bund und begrüßt Genossenschaftsmodelle skandinavischer Art.
Auch wenn militärische Maßnahmen das letzte Mittel sein sollen, möchte der SSW die Bundeswehr mit den notwendigen Mitteln für friedenssichernde und -schaffende Maßnahmen ausstatten und das Zwei-Prozent-Ziel der NATO einhalten.
Bei der Frage nach den Haftbefehlen des IStGH weicht der SSW aus: Die Partei verurteile den Angriff der Hamas und Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung, auch wenn die Ausübung dessen im Einklang mit dem Völkerrecht stehen müsse.
Der SSW möchte das Lieferkettengesetz möglichst unbürokratisch gestalten und die Zusammenarbeit mit den nordischen Ländern gerade im Bereich des Klimaschutzes vertiefen. Ein werteorientiertes Modell der Gemeinwohl-Ökonomie soll Nachhaltigkeit und globale Einhaltung von Menschenrechten gewährleisten.
Vage bleibt der SSW in Bezug auf den Schutz der Versammlungsfreiheit im Kontext der palästinasolidarischen Demonstrationen und der „Nie wieder ist jetzt“-Resolution. Die Partei betont die wehrhafte Demokratie, erkennt eine möglichst weitreichende Meinungs- und Versammlungsfreiheit aber auch als demokratiestärkend an.
Klar positioniert sich der Wählerverband wiederum beim § 218 StGB: Er fordert nicht nur die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, sondern auch einen sicheren, diskriminierungsfreien Zugang, darunter eine echte Freiheit der Informationen, der Methodenwahl und wohnortnahe Versorgungsangebote. Die Pflichtberatung soll durch ein freiwilliges Beratungsangebot ersetzt werden.
Der SSW spricht sich gegen eine Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl, Pushbacks und nationale Alleingänge aus. Stattdessen sei eine europäische Lösung, die Geflüchtete gerecht unter den Staaten verteilt, sowie eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen bei der Integration notwendig. Der Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und Teilhabe sowie psychosozialer Unterstützung soll erleichtert werden.
Die Zivilgesellschaft und Teilhabe möchte der SSW durch beratende Bürgerräte und eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre stärken. Außerdem sollen staatliche Gelder gezielt an Initiativen gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung fließen.

Unsere Fragen mit den jeweiligen Antworten im Überblick:

  1. Wie wollen Sie das soziale Menschenrecht auf angemessenen Wohnraum zu erschwinglichen Preisen für alle sicherstellen? Wie wollen Sie bezahlbaren Wohnraum schaffen und erhalten?

Antwort der Linkspartei:

„Neben der Preisexplosion ist Wohnen eines der Kernthemen in unserem Wahlkampf und wird von uns auch darüber hinaus immer wieder neu eingebracht werden. Die Miete ist unter „Mietenkanzler Scholz“ in drei Jahren um 17% gestiegen. Nicht nur in den Städten, auch in vielen ländlichen Gebieten sind die Wohnkosten in den letzten Jahren stark gestiegen. Ein bundesweiter Mietendeckel ist überfällig, um die Explosion der Mieten zu stoppen. Mieterhöhungen müssen für die nächsten sechs Jahre ausgeschlossen werden und besonders hohe Mieten in überhitzten Wohnungsmärkten müssen abgesenkt werden. Eine große Mehrheit in Deutschland befürwortet einen Mietendeckel – nur die Immobilienlobby will weiter die Mieten erhöhen und setzt das in der Politik durch. Wir wollen eine Investitionsoffensive in sozialen gemeinnützigen Wohnungsbau in Höhe von 20 Milliarden Euro pro Jahr starten. Gemeinnütziger Wohnungsbau ist nicht profitorientiert und hat bezahlbare Mieten zum Ziel. In Wien ist die Hälfte der Wohnungen gemeinnützig (1/4 Stadt Wien, 1/4 genossenschaftlich). Dort ist die Miete noch niedriger als in anderen Metropolen.“

Antwort der Piratenpartei:

„Die Piratenpartei fordert ein Recht auf Bezahlbaren Wohnraum.
Einerseits muss über eine Mitpreisbremse der aktuelle Stand gehalten werden, andererseits muss der zukünftige Bedarf gedeckt werden.
Hierbei sollte die öffentliche Hand in den sozialen Wohnbau investieren um mittels konkurrierendem Angebot die Preise stabil zu halten.
Desweiteren muss der Verwaltungsaufwand mit allen Genehmigungsverfahren reduziert und das Verfahren entbürkoratisiert werden, da es zu den steigenden Immobilienpreisen beiträgt.“

Antwort der Freien Wähler:

„Wir wollen, dass es in den immer teurer werdenden Ballungsräumen den älteren Menschen, Geringverdienern und Familien möglich ist, in ihrer vertrauten Umgebung wohnen zu bleiben. Durch eine clevere Wohnungsbauoffensive wollen wir insbesondere in Zuzugsregionen das Mietpreisniveau wieder senken. Eine Möglichkeit ist die Gründung und Förderung neuer Wohngenossenschaften, welche den sozialen Wohnungsbau in ihren Satzungen verankert haben. Dafür ist es dringend erforderlich, überzogene Bauvorschriften zurückzunehmen und die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau aufzustocken. Statt für einen investitionsfeindlichen Mietendeckel stehen wir für zweckgebundene Bürgeranleihen nach Münchener Vorbild. Sie schaffen den finanziellen Freiraum, das Vorkaufsrecht für Immobilien nutzen zu können, und ermöglichen der öffentlichen Hand so, neuen sozialen Wohnraum zu erschließen. Einen wichtigen Schritt auf diesem Weg ist die zügige Umsetzung einer Neuen Wohngemeinnützigkeit. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt spitzt sich stetig weiter zu. Ohne neue Instrumente wird sich die Situation nicht nennenswert verbessern.“

Antwort des SSW:

„Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht. Aktuell ist es jedoch schwer, in manchen Regionen noch vernünftige Wohnungen zu bezahlbaren Preisen zu bekommen. Darum unterstützen wir auch die Forderungen zur Weiterführung der Mietpreisbremse und des bundesweiten Mietendeckels, dass bundesweit einheitliche Regelungen wie die Mietpreisbremse konsequent umgesetzt werden müssen. Der Bund muss die Kommunen stärker finanziell unterstützen, um bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnraum zu schaffen. Wir brauchen eine Offensive für den sozialen Wohnungsbau, denn das Ziel der Ampel-Regierung von 400.000 jährlich wurde nicht ansatzweise erreicht. Dabei muss klar sein, dass unsere Baupolitik effizienter, langlebiger und ressourcenschonender aufgestellt werden muss, denn der Bausektor hält seine Klimaziele nicht ein. Darum müssen wir mehr auf Sanierung setzen. Wir brauchen Förderprogramme aus Berlin als Anreiz für die Kommunen, um Wohnungsrenovierungen und -Neubauten ganzheitlich, energieeffizient und generationengerecht zu planen. Der SSW schaut natürlich immer gern nach Skandinavien, wo Genossenschaftsmodelle gang und gäbe sind und zu fairen Preisen beitragen und auch sozialen Wohnraum schaffen.“

  1. Befürworten Sie eine weitere Steigerung der Rüstungsausgaben? Befürworten Sie Waffenlieferungen in Kriegsgebiete oder an Staaten, die offensichtlich ihre Waffen wiederum an Kriegsgebiete liefern? In welchen Fällen wäre das aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?
    Wie vereinbaren Sie die Waffenlieferungen mit dem Klimaschutz?

Antwort der Linkspartei:

„Als antimilitaristische Partei verfolgen wir das Problem der Rüstung intensiv. Rüstungsgüter von über 13 Milliarden Euro hat die deutsche Industrie im letzten Jahr exportiert. Das kling viel. Das ist viel. Doch insgesamt exportierte die deutsche Wirtschaft Waren im Wert von über 1,5 Billionen Euro. Doch die deutsche Rüstungsindustrie trägt also weniger als ein Prozent zum Export bei und beschäftigt auch nur relativ wenige Menschen. Es kann nicht die Rede davon sein, dass sie für die Gesamtwirtschaft wirklich lukrativ und wichtig ist, das gilt auch für ihren Beitrag zum Steueraufkommen. Deutsche Rüstungsexporte geschehen primär, weil sie (außen-)politisch von den Bundesregierungen gewollt sind. Allerdings besteht die Gefahr, dass durch die massiven Steigerungen der Rüstungsausgaben ein großer Rüstungssektor entsteht. Die Rüstungsindustrie versucht sogar die Bundesregierung zu erpressen indem sie sagt sie könne bestehende Rüstungsaufträge nur dann rasch erfüllen, wenn diese hinaus eine dauerhaft hohe Nachfrage nach Rüstungsgütern besteht. Sie will damit die Steigerung der Rüstungsausgaben auf Dauer stellen. Wir lassen uns von solchen Spielchen nicht erpressen. Wir müssen verhindern, dass ein recht kleiner Industriezweig sich starke Lobbymacht erarbeitet, noch ist es dafür nicht zu spät.“

Antwort der Piratenpartei:

„Die Piratenpartei tritt auch auf europäischer Ebene für eine leistungsfähige Rüstungsindustrie ein, denn die Sicherheitslage hat sich durch einen Angriffskrieg in Europa stark verschlechtert. Natürlich sind wir auch für Restriktionen von Exporten bei Staaten die keine strategischen Partner oder NATO Mitglieder sind. Geringer Ressourcenverbrauch ist natürlich auch militärisch sehr wichtig für eine leistungsfähige Rüstungsindustrie, das durch Forschung auf diesem Gebiet auch Auswirkungen auf zivile Produkte haben kann.“

Antwort der Freien Wähler:

„Die Ukraine ist in jüngerer Zeit Opfer eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs durch Russland geworden, für den es keine Rechtfertigung gibt. Gegen aggressive Diktatoren ist Appeasement heute so falsch, wie es das 1938 war. Unsere Unterstützung der Ukraine mit allem, was nötig ist, um den Krieg nicht zu verlieren, ist daher richtig. Modernste Waffentechnik gehört selbstverständlich dazu. Die Sicherheitsgarantien des Budapester Memorandums sind von der EU einzuhalten. Gleichzeitig ist ein direkter Krieg mit Russland zu verhindern. Auch wenn mit vertretbaren Mitteln nicht mehr alle Teile der Ukraine zu befreien sein werden, muss die klare Konsequenz gegenüber Putin sein, dass er mit dem Angriff die Integration der Ukraine in NATO und EU erst erzwungen hat. Um deeskalierend zu wirken, sind von Europa die schon lange überfälligen diplomatischen Vorschläge für einen Friedensplan zu entwickeln. Dabei braucht es eine undogmatische Abstimmung der Ukraine mit ihren Unterstützern. Ein möglicher Friedensplan mit Russland sollte nach Möglichkeit die übrigen offenen Fragen des Kalten Krieges ebenfalls adressieren und die Konflikte um Moldawien und Georgien (Südossetien, Abchasien) beinhalten.
Angesichts des Leids, welcher der russische Angriffskrieg in der Ukraine verursacht hat, sind Klimaschutzbedenken zwar rechnerisch interessant, aber völlig unerheblich für Lieferungen zur Verteidigung. Der von Ihnen verlinkte Artikel schließt selbst richtigerweise mit der Aussage: „Die Warnung vor hohen Umweltkosten hat noch kein Land davon abgehalten, einen Krieg zu führen.“
Wir werden uns weiterhin für einen europäischen Friedensplan einsetzen. Solange dieser jedoch von russischer Seite blockiert wird, werden wir die Ukraine mit allem, was nötig ist, um den Krieg nicht zu verlieren, unterstützen. Modernste Waffentechnik gehört selbstverständlich dazu.“

Antwort des SSW:

„Als SSW setzen wir uns für eine wertegeleitete Außenpolitik ein, die auf Frieden, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechten basiert. Mit unseren politischen, kulturellen und historischen Erfahrungen – auch aus unserem deutsch-dänischen Grenzland – wollen wir aktiv zur Förderung des Dialogs und der Verständigung zwischen Staaten und Völkern beitragen. Wir wollen, dass die Bundesrepublik sich gemeinsam mit ihren internationalen Partnern weltweit für Friedenssicherung in Krisenregionen einsetzt sowie wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungshilfe leistet, wo es notwendig ist. In diesem Zusammenhang ist die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union sowie mit internationalen Organisationen wie der UN und der OSZE von entscheidender Bedeutung. Angesichts von Kriegen, Krisen und anderen gefährlichen Entwicklungen in vielen Regionen der Welt kann es notwendig sein, dass die deutsche Bundeswehr oder die Bundesregierung gemeinsam mit internationalen Partnern und Verbündeten zu Sicherheit und Frieden beitragen muss. Dabei ist klar: Nur wenn alle politischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, dürfen wir friedensschaffenden Maßnahmen unterstützen. Bei der Ausstattung unserer Bundeswehr muss dabei klar sein: Wir müssen unserer Bundeswehr die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, die sie für die Bewältigung friedenssichernder und friedensschaffender Aufgaben benötigt. Mindestens 2 Prozent des BIP sind für NATO-Mitglieder verbindlich.“

  1. Gedenken Sie das Urteil des IStGH zu respektieren? Wenn ja, wie wollen Sie dies umsetzen? Wenn nein, wie gedenken Sie den Vorwurf der Doppelmoral abzuwenden?

Antwort der Linkspartei:

„Die Bundesregierungen hätten gern, dass Deutschland ein höheres Gewicht in der Welt hätte. Schon vor über zwei Jahrzehnten forderte die damalige rot-grüne Regierung offensiv einen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat und schickte die Bundeswehr in Auslandseinsätze. Wir brauchen keine Bundesrepublik, die mehr politisches Gewicht in der Welt zum Selbstzweck anstrebt. Tatsächlich ist für alle von Vorteil, wenn stattdessen das vorhandene politische und ökonomische Gewicht genutzt wird, um Konflikte zivil zu bearbeiten. Wer glaubwürdig Friedensverhandlungen begleiten und Waffenstillstände vermitteln möchte, darf diese nicht durch eine instrumentell-geopolitische Brille betrachten, sondern muss ohne Doppelstandards für das Völkerrecht eintreten. Ansonsten fehlt die Glaubwürdigkeit, die für solche Ansätze zwingend erforderlich ist. Wir fordern von der Bundesregierung sich ohne Doppelstandards dem Völkerrecht zu verpflichten. Folglich fordern wir von der Bundesregierung selbstverständlich auch das Urteil des IGH zu respektieren, denn es gibt kein Völkerrecht a la Carte. Konkret heißt dies auch, dass Politiker gegen die ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes vorliegt, bei Einreise in die Bundesrepublik damit rechnen müssen, dass die deutschen Behörden den Haftbefehl vollstrecken.“

Antwort der Freien Wähler:

„Israel ist das einzige demokratische Land und der einzige Rechtsstaat im Nahen Osten. Seine Einwohner sind in großer Zahl Nachkommen von Vertriebenen aus unseren Ländern. Daher haben wir ihnen gegenüber eine außerordentliche Verantwortung. Wir sehen die Existenz und die Sicherheit Israels als unumstößlichen Pfeiler der deutschen Außenpolitik an. Wir wollen auch in schweren Stunden unverrückbar an der Seite Israels stehen. Die Existenz und Sicherheit Israels muss dauerhaft garantiert sein. Israel verdient dabei unsere Unterstützung auf allen Ebenen.“

Antwort des SSW:

„Als SSW respektieren wir das Völkerrecht. Wir verurteilen den Angriff der Hamas auf Israel auf das Schärfste. Dieser Angriff hat nicht nur das Leiden unzähliger Zivilist:innen in der Region verstärkt, sondern auch die Sicherheitslage in der gesamten Region destabilisiert. Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Ausübung dieses Rechts im Einklang mit dem internationalen Völkerrecht steht.“

  1. Wie wollen Sie das Gleichgewicht zwischen sozialen und wirtschaftlichen Maßnahmen herstellen, ohne dies auf Kosten von Armut, sozialer Spaltung und Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern zu tun?

Antwort der Freien Wähler:

„Zum Erhalt und zur Förderung biologischer Vielfalt und zum Schutz natürlicher Ökosysteme gehören dabei die Förderung der Menschenrechte, die Gerechtigkeit und die Teilhabe aller Menschen sowie ein faires und effizientes Wirtschaftssystem, das Wohlstand und Innovation fördert, ohne die Umwelt oder die sozialen Aspekte zu vernachlässigen. Global agierende Unternehmen müssen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht noch stärker nachkommen. Dazu gehört, dass sie menschenrechtliche Risiken analysieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen, Beschwerdemöglichkeiten einrichten und deutlicher über ihre Aktivitäten berichten müssen. Zusätzlich fordern wir einen Exportstopp von Plastikmüll, Elektroschrott sowie von Schrottfahrzeugen, da Verschmutzung macht nicht an den Landesgrenzen Halt macht. Es nützt nichts, wenn unser Müll ins Ausland verschoben wird und dort unter menschenunwürdigen Bedingungen und zulasten der Menschen und der Umwelt entsorgt wird. Die Vermeidung von Müll und der sinnvolle Umgang mit Ressourcen haben oberste Priorität. Das Recycling von Plastikmüll, Elektroschrott und Altautos muss innerhalb des europäischen Binnenmarktes unter Einhaltung aller umwelttechnischen Erkenntnisse vorangetrieben werden. Die Rückgewinnung von wertvollen Rohstoffen ist zu erhöhen, das gilt insbesondere für das Recycling von seltenen Erden, um die Abhängigkeit von China zu reduzieren.“

Antwort des SSW:

„Als regional verankerte Minderheitenpartei ist es uns ein besonderes Anliegen, die regionale Wirtschaft zu stärken. Wir stehen für globales Denken und regionales Handeln, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Zeitgleich muss klar sein: Wir müssen uns in Deutschland unserer internationalen Verantwortung bewusst sein. Angesichts des Klimawandels ist es unerlässlich, dass die Wirtschaftspolitik proaktiv und nachhaltig gestaltet wird, um ökologische, soziale und ökonomische Ziele zu verbinden. Nur durch eine konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit – sowohl im Hinblick auf sozial- und klimapolitische Ziele – können wir eine zukunftsfähige Wirtschaft schaffen, die den Bedürfnissen heutiger und zukünftiger Generationen in Deutschland und in der Welt gerecht wird.
Für uns ist klar: Die Politik muss klare, langfristige Ziele setzen, die über kurze Wahlzyklen hinausgehen. Politische Entscheidungen sollten auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und nicht von kurzfristigen politischen Interessen beeinflusst werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Das werteorientierte Modell der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) kann einen Handlungsrahmen für eine nachhaltige Wirtschaftstransformation bieten. Hier stehen ethische Werte wie Menschenwürde, Solidarität und soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitbestimmung im Mittelpunkt eines Wirtschaftens, das weit über klassische Nachhaltigkeits-Standards hinausgeht.
Konkret wollen wir die gute Nachbarschaft zu den nordischen Ländern vertiefen. Gerade in Bereichen, die beim Klimaschutz eine Rolle spielen – Produktion Erneuerbarer Energien, Energiespeicherung, Energieeffizienz, regionale Lebensmittelproduktion oder Ökolandwirtschaft – bieten sich viele Möglichkeiten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Das konkret genannte Lieferkettengesetz wollen wir so unbürokratisch wie möglich gestalten. Dabei muss allerdings klar sein: Deutsche Unternehmen tragen auch in ihren Zulieferbetrieben im Ausland Verantwortung für die Einhaltung von Umweltstandards und Menschenrechten.“

  1. Wie wollen Sie das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit umsetzen, auch für diejenigen, die gegen die Politik der Regierung Netanyahus protestieren?

Antwort der Freien Wähler:

„Wir wollen die Versammlungsfreiheit, als hohes Gut in unserer Gesellschaft schützen, die zunehmende Gewalt im Zuge mancher Demonstrationen jedoch konsequent ahnden. Hasserfüllte Demonstrationen gegen Israel, bei denen mehr oder weniger zur Vernichtung des jüdischen Staates aufgerufen wird, nehmen seit dem 7. Oktober 2023 leider immer weiter zu. Diese Aussagen führen zu immer weiteren Auflagen oder sogar zu zeitlichen Totalverboten von Demonstrationen. Wir wollen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erhalten. Der Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland darf nicht zur Debatte stehen. Die zunehmenden Angriffe auf jüdische Mitmenschen in Deutschland sind zu einem erheblichen Teil auf antiisraelischen Aktivismus zurückzuführen. Wir wollen deshalb die aktuellen Einschränkungen weiterführen, deren Nutzen und Auswirkungen jedoch eng monitoren.“

Antwort des SSW:

„Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Dabei ist uns einerseits wichtig, dass Demonstrationen und Versammlungen weitestgehend wie möglich auch in Zukunft zugelassen werden, ohne dabei den Gedanken unserer wehrhaften Demokratie aus den Augen zu verlieren. Nur wenn unsere Demokratie von Verfassungsfeinden infrage gestellt wird, sind die Versammlungsfreiheit und die Freiheit allgemein in Gefahr. Gewähren wir jedoch möglichst viel Freiheit zur Meinungsäußerung, stärkt dies die Demokratie.“

  1. Wie stehen Sie zum §218 StGB und dem Recht auf Selbstbestimmung? Welche Maßnahmen planen Sie zur konsequenten Entkriminalisierung?

Antwort der Piratenpartei:

„Die Piratenpartei fordert die Abschaffung des §218.“

Antwort der Freien Wähler:

„Keine Frau sollte wegen des Abbruchs ihrer Schwangerschaft strafbar gemacht werden. Schwangere brauchen beste Betreuung und Rechtssicherheit. Die verpflichtende Schwangerschaftskonfliktberatung ist von herausragender Bedeutung und muss zwingend erhalten bleiben. Wir stehen bei dem Wunsch nach einem Schwangerschaftsabbruch für einen flächendeckenden und diskriminierungsfreien Zugang zu einer sicheren medizinischen Versorgung und setzen uns für die Rechtssicherheit von Ärzten ein, die über ihr Leistungsangebot in diesem Bereich informieren. Eine kommerzielle Bewerbung von Schwangerschaftsabbrüchen sollte aber weiterhin illegal bleiben.“

Antwort des SSW:

„Als SSW fordern wir die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Frauen müssen die Wahlfreiheit über diese Entscheidungen und Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper haben. Statt generell rechtsbrüchigen Schwangerschaftsabbrüchen, die nur unter bestimmten Umständen straffrei bleiben, wollen wir ein generelles Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Dies sollte sich an Erfahrungen aus anderen nordischen Staaten orientieren. Zudem wollen wir für einen sicheren und diskriminierungsfreien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sorgen. Dazu gehört für uns eine Verbesserung der Quantität und Qualität der medizinischen Versorgung im Falle von Schwangerschaftsabbrüchen, eine echte Freiheit der Informationen und der Methodenwahl und wohnortnahe Versorgungsangebote. Statt der Pflichtberatung wollen wir zudem ein Beratungsangebot, das für alle freiwillig und unkompliziert verfügbar ist.“

  1. Wie wollen Sie das fundamentale Recht auf Schutz sicherstellen und internationale, europäische sowie deutsche Rechtsprechung in diesem Sinne vollständig umsetzen? Wie wollen Sie die immer mehr voranschreitende Spaltung sowie die Vorurteile in der Bevölkerung bekämpfen, um die Menschenwürde zu schützen und Diskriminierung zu unterbinden?

Antwort der Linkspartei:

„Während für uns die Vollstreckung von Haftbefehlen für Kriegsverbrecher eine Selbstverständlichkeit ist, verteidigen wir das individuelle Recht auf Asyl. Es ist erschreckend und höchst gefährlich, wie leichtfertig sich Politiker*innen über geltendes Recht hinwegsetzen und menschenrechtliche Verpflichtungen missachten. Wir legen Rechtsverstöße offen und kritisieren sie, etwa durch kritische Anfragen an die Bundesregierung. Gefährdungen des Rechts auf Asyl und Schutz gibt es an vielen Orten: Faire Asylprüfungen sind in den geplanten Schnellverfahren unter Haftbedingungen an den EU-Außengrenzen nicht möglich. An den deutschen Binnengrenzen werden Schutzsuchende rechtswidrig zurückgewiesen, weil ihr Asylgesuch in der Praxis übergangen wird. Auch durch sichere Dritt- und Herkunftsstaatenregelungen wird das Recht auf Asyl auf gefährliche Weise ausgehöhlt. All das lehnt Die Linke ab.
Wir werben für einen offenen Umgang mit Schutzsuchenden in der Bevölkerung, indem wir beispielsweise darauf hinweisen, ich welch hohem Maße Geflüchtete in Deutschland einen Schutzstatus erhalten. Die (um z.B. Dublin-Verfahren) „bereinigte“ Schutzquote ist deutlich höher als die offizielle Schutzquote, hinzu kommen viele Anerkennungen durch die Gerichte. Auch abgelehnte Geflüchtete haben oft gute Gründe, die gegen eine Abschiebung / Rückkehr sprechen. Statt auf Abschiebungen um jeden Preis zu setzen, fordern wir effektive Bleiberechtsregelungen und einen humanitären und rechtsstaatlichen Umgang auch mit ausreisepflichtigen Menschen.
Das Asylrecht ist ein Menschenrecht. In Deutschland sind wir vor dem Hintergrund unserer Geschichte in besonderer Weise zum Schutz von Verfolgten und Menschen auf der Flucht verpflichtet. Daran erinnert Die Linke immer wieder.“

Antwort der Piratenpartei:

„Die Piratenpartei setzt sich für eine Asylpolitik ein, die das Wohl der Menschen im Auge hat. Menschenunwürdige Praktiken lehnen wir strikt ab. Asylpolitik geht aber weit darüber hinaus. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, Fluchtursachen zu bekämpfen. Anstelle eine Duldung aufgrund politischem Asyl sollte es also unser Bestreben sein, Menschen dauerhaft zu integrieren. Jene die hier ankommen soll eine einfache Integration ermöglicht werden, denn Deutschland ist auf die Zuwanderung angewiesen um den hiesigen Wohlstand, die Rentenkasse und die Sozialleistungen zu finanzieren. Diese werden zur Zeit zu einem großen Teil aus der Einkommenssteuer finanziert, bei schrumpfender arbeitender Bevölkerung.
Diese Fakten müssen der breiten Bevölkerung in Deutschland verständlich gemacht werden.“

Antwort der Freien Wähler:

„Die Bekämpfung von Schlepperei ist eines unserer zentralen Anliegen. Für schutzbedürftige Menschen wollen wir legale Wege der Einreise schaffen, um dem menschenverachtenden Geschäftsmodell der Schlepper den Boden zu entziehen. Für schutzbedürftige Menschen muss es Lösungen vor Ort geben, die wir nötigenfalls militärisch mit UN-Mandat sichern müssen. Auch Flüchtlingszentren in Drittstaaten bieten hierzu eine pragmatische Lösung. Asylanträge sollen immer nur im ersten sicheren Drittland gestellt werden dürfen, daher in aller Regel nicht in Deutschland. Diejenigen mit einer langfristigen Bleibeperspektive wollen wir bestmöglich in unsere Gesellschaft integrieren. Damit Integration gelingt, ist duales staatliches Handeln erforderlich: fördern und fordern. Der Erwerb der deutschen Sprache, die Bereitschaft, sich für unseren Arbeitsmarkt zu qualifizieren und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung bedingungslos als Bestandteil einer offenen Gesellschaft anzuerkennen, sind unverzichtbare Eckpfeiler eines Eingliederungsprozesses. Hierfür sind die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen und staatliche Unterstützung zu gewähren. Der Entstehung von Parallelwelten ist entschieden zu begegnen.“

Antwort des SSW:

„Als SSW stehen wir uneingeschränkt hinter den Grundwerten einer demokratischen und offenen Gesellschaft und setzen uns aktiv für Minderheitenrechte, soziales Miteinander und gleichberechtigte Teilhabe ein.
Unser Ziel sind gemeinsame europäische Lösungen, die von allen Mitgliedstaaten getragen werden. Wir stehen für ein gemeinsames europäisches Asylsystem, das Grundrechte wahrt und humanitäre Standards sichert. Dazu gehört eine gerechte Verteilung geflüchteter Menschen unter allen EU-Staaten. Illegale Zurückweisungen müssen sofort eingestellt werden. Solche Push-backs verstoßen gegen das Völkerrecht und dürfen nicht akzeptiert werden. Klar ist: Nationale Alleingänge und Grenzschließungen der Binnengrenzen sind keine Lösung und gefährden den Zusammenhalt der EU. Wir dürfen das Grundrecht auf Asyl nicht aushöhlen.
In der aktuellen Migrations- und Asyldebatte finden Integrationsaspekte zudem leider kaum Beachtung. Dabei ist klar: Wir brauchen dringend eine bessere Finanzierung für die Flüchtlingsarbeit in Kommunen und Ländern, um langfristige Integration zu ermöglichen. Gelungene Integration und humane Lösungen tragen dabei maßgeblich zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung bei. Hier muss der Bund stärker unterstützen. Zudem wissen wir, dass gerade in Zeiten des Fachkräfte- und allgemeinen Arbeitskräftemangels Zugewanderte einen wertvollen Beitrag zur Stärkung unserer Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Das heißt für uns auch, dass wir einen schnelleren, unbürokratischen und einfachen Zugang in den Arbeitsmarkt ermöglichen müssen. Dazu gehören auch der bessere Zugang zu Bildung und Spracherwerb, psychosoziale Unterstützung sowie die Schaffung von Möglichkeiten zur gesellschaftlichen und politischen Teilhabe. Die Eingliederung von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt ist entsprechend eine vorrangige und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der wir auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen müssen.“

  1. Wie gedenken Sie die Zivilgesellschaft in Deutschland zu schützen und ihr das angemessene Mitspracherecht zu ermöglichen, ohne ihnen die Unabhängigkeit abzuerkennen und sie zu zensieren? Wie gedenken Sie, das Grundrecht auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu schützen?

Antwort der Freien Wähler:

„Für den Schutz und die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft wollen wir Bürgeranwaltschaften gegen Grundrechtseingriffe gründen. Konsequentes Handeln des Staates für die Sicherheit der Bürger erfordert im Einzelfall Grundrechtseingriffe. Diese Grundrechtseingriffe müssen von einer staatlichen, aber nur der Bürgerschaft und dem Grundgesetz verantwortlichen, unabhängigen Stelle – der Bürgeranwaltschaft – überprüft werden können. Diese ist zu gründen und ihre Mitglieder sind vom Bundesverfassungsgericht zu bestellen. Die Bürgeranwaltschaft führt vertraulich Aufsicht über alle Grundrechtseingriffe und dient als Anlaufstelle für Bürger, die ihre Fälle überprüft sehen wollen. Sie hat einmal jährlich öffentlich Bericht zu erstatten.“

Antwort des SSW:

„Als SSW stehen wir uneingeschränkt hinter den Grundwerten einer demokratischen und offenen Gesellschaft. Als Partei, die sich für Minderheitenrechte, soziales Miteinander und gleichberechtigte Teilhabe einsetzt, unterstützen wir Ihre Empfehlungen für die kommende Bundesregierung.
Wir bekennen uns ausdrücklich zur repräsentativen Demokratie. Zeitgleich ist uns wichtig, dass weitere Teile unserer Gesellschaft die Chance zur demokratischen Teilhabe bekommen. Klar ist: Wir brauchen eine wirksame, aber auch maßvolle Politik, welche die Voraussetzungen schafft, um unsere Demokratie wehrhaft gegenüber Angriffen auf die freiheitlich demokratische Grundordnung zu machen, ohne zentrale Freiheitsrechte einzuschränken.
Wir setzen uns darum für mehr Bürgerbeteiligung und soziale Teilhabe in der Politik ein. Wir wollen Bürgerräte als beratende Organe aus der Mitte der Gesellschaft weiter unterstützen, um die demokratische Teilhabe zu stärken. Wir fordern zudem die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Um unsere Demokratie weiter zu stärken, unterstützen wir weiterhin das Demokratieförderungsgesetz, durch das gesellschaftliche Organisationen und solche, die sich für die Stärkung und Weiterentwicklung der Demokratie engagieren, in ihrer Arbeit langfristig und angemessen unterstützt werden. Außerdem wollen wir, dass staatliche Gelder für politische Bildung und Demokratieinitiativen gezielt auf Maßnahmen lenken, die sich aktiv gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung stellen. Zudem wollen wir den Dialog mit der Zivilgesellschaft stärken, um die europäische und nationale Zivilgesellschaft besser zu vernetzen. Die Expertise zivilgesellschaftlicher Organisationen muss in die Sichtbarkeit des strukturierten Dialogs eingebunden werden. Diese Maßnahmen sollten ein frühzeitiger und verpflichtender Teil der politischen Bildung sein.“

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