- Die FIDH und ihre palästinensischen und französischen Mitgliedsorganisationen – Al-Haq, Al Mezan, das PCHR sowie die französische Liga für Menschenrechte (LDH) und die AFPS (Association France Palestine Solidarité) – fordern die Eröffnung einer Untersuchung gegen zwei französisch-israelische Soldaten, Sasha A. und Gabriel B.
- Diese beiden Soldaten, die derselben Scharfschützeneinheit der israelischen Besatzungstruppen angehören, werden beschuldigt, an summarischen Hinrichtungen in Gaza beteiligt gewesen zu sein.
- Weitere Anzeigen gegen binationale Soldaten aus derselben Einheit sollen demnächst in Italien und vor anderen europäischen Gerichten eingereicht werden, während in Südafrika und Belgien bereits Ermittlungen laufen.
Paris, 1. Juli 2025. Die Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH) und ihre Mitgliedsorganisationen setzen ihren Kampf gegen die Straflosigkeit der Verantwortlichen für internationale Verbrechen fort. Heute haben Al-Haq, Al Mezan, das Palestinian Centre for Human Rights (PCHR), die LDH und die AFPS gemeinsam mit der FIDH beim Pariser Gericht (Abteilung für Verbrechen gegen die Menschlichkeit) eine Klage mit Zivilbeteiligung eingereicht. Die Klage richtet sich gegen Sasha A. und Gabriel B., zwei französisch-israelische Scharfschützen, die an der israelischen Militäroperation in Gaza teilgenommen haben. Den beiden Soldaten wird vorsätzliche Tötung vorgeworfen, was als Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Völkermord gewertet wird.
Die Klage stützt sich auf eine Reportage des palästinensischen Journalisten Younis Tirawi, der die Existenz einer Scharfschützeneinheit innerhalb der israelischen Armee enthüllt – des 9. Zugs der Hilfskompanie des 202. Fallschirmjägerbataillons –, die in der Dokumentation als „Ghost Unit“ bezeichnet wird. Die Soldaten dieser Einheit werden direkt beschuldigt, zwischen November 2023 und März 2024 palästinensische Zivilist:Innen in Gaza summarisch hingerichtet zu haben. Sasha A. und Gabriel B. gehörten zu dieser Einheit, die überwiegend aus binationale Staatsangehörigen bestand.
Wichtige von den Klägerorganisationen gesammelte Beweismittel untermauern die in der Reportage dargestellten Tatsachen.
„Nach einer gründlichen Untersuchung haben wir zahlreiche Aussagen von Opfern in Gaza gesammelt und sie mit offenen Quellen abgeglichen. Die Ergebnisse bestätigen, dass israelische Scharfschützen Anfang 2024 im Nasser-Krankenhaus summarische Hinrichtungen palästinensischer Zivilist:Innen durchgeführt haben“, erklärt Issam Younis, Generaldirektor von Al Mezan. „Die Übereinstimmung der Augenzeugenberichte mit dem von Tirawi präsentierten Material deutet klar auf eine koordinierte Kampagne außergerichtlicher Hinrichtungen an mehreren Orten in Gaza durch dieselben Scharfschützen hin.“
Schätzungen zufolge dienen derzeit rund 4.000 französische Staatsangehörige in den Reihen der israelischen Besatzungstruppen.
Seit dem 7. Oktober 2023 hat die von Israel in Gaza geführte militärische Vernichtungskampagne mindestens 56.500 Palästinenser:Innen getötet, darunter über 16.000 Kinder und mehr als 125.000 Menschen verletzt.
„Durch das gezielte Töten palästinensischer Zivilist:Innen mit der Absicht, die Bevölkerung Gazas zu vernichten, haben diese israelischen Scharfschützen fundamentale Regeln des Völkerrechts verletzt – darunter Handlungen, die durch die Völkermordkonvention verboten sind“, erklärt Shawan Jabarin, Generaldirektor von Al-Haq.
„Die summarischen Hinrichtungen palästinensischer Zivilist:Innen in Gaza stellen schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dar, das solche Handlungen strikt verbietet. Diese Verbrechen dürfen nicht straflos bleiben: Die Staaten müssen alle beteiligten Staatsangehörigen identifizieren, strafrechtlich verfolgen und zur Rechenschaft ziehen“, so Raji Sourani, Generaldirektor des PCHR.
„Aus den internationalen Verpflichtungen Frankreichs ergibt sich, dass die Staaten in erster Linie für die strafrechtliche Verfolgung der Täter internationaler Verbrechen verantwortlich sind. Frankreich muss sicherstellen, dass diese Verbrechen nicht ungestraft bleiben, und insbesondere dann handeln, wenn es sich um eigene Staatsangehörige handelt“, erklärt Emmanuel Daoud, Anwalt der LDH und der AFPS.
„Die FIDH und ihre Mitgliedsorganisationen setzen sich uneingeschränkt für die Bekämpfung der Straflosigkeit von Verbrechen in Gaza ein und werden alle verfügbaren juristischen Wege beschreiten – einschließlich nationaler Gerichte, die für die Verfolgung dieser internationalen Verbrechen zuständig sein könnten“, erklären Alexis Deswaef, Anwalt und Vizepräsident der FIDH, und Clémence Bectarte, Anwältin und Koordinatorin der Rechtsabteilung der FIDH.
Auch in Italien wird StraLi gemeinsam mit der FIDH und ihren Mitgliedsorganisationen Klage gegen weitere binationale Scharfschützen derselben Einheit einreichen – ebenso vor anderen europäischen Gerichten.
Bereits im Dezember 2024 hatten die FIDH und ihre Mitgliedsorganisationen Klage mit Zivilbeteiligung gegen den französisch-israelischen Soldaten Yoel O. wegen Folter und Misshandlung palästinensischer Gefangener erhoben. Bislang wurde in diesem Fall jedoch keine Ermittlung eingeleitet.