10. Oktober 2019, 19 – 21 Uhr
Liga-Büro, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Zwischen der Menschenrechts- und der Klimadebatte gibt es vielfältige Verknüpfungen. So ist in Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Recht auf Leben garantiert, da es Vorbedingung der Ausübung aller anderen Menschenrechte ist. Und in Artikel 22 beschreiben die Vereinten Nationen das Recht jedes Menschen auf soziale, materielle Sicherheit als Basis der Persönlichkeitsentwicklung und damit der Würde eines jeden Menschen. Der Klimawandel im Allgemeinen und Klimakatastrophen wie Überschwemmungen oder Dürren im Besonderen wirken sich unmittelbar und tiefgreifend auf den Lebensraum und die Lebensbedingungen von Menschen aus: Sie zerstören Behausungen ebenso wie lebensnotwendige Einrichtungen der Infrastruktur; sie führen zu Armut, Mangelernährung, Krankheit und Tod. Dabei sind arme Menschen in Entwicklungsländern häufig besonders stark betroffen.
Deutschland muss beim Klimaschutz nachlegen, um die selbstgesteckten Ziele bis 2030 zu schaffen. Die bisherigen Pläne mit freiwilligen Maßnahmen reichen nicht. Der von Menschen zu verantwortende Klimawandel kündigt sich unübersehbar an. Schmelzende Gletscher gefährden die Süßwasserversorgung und das Abschmelzen der Eispanzer der Arktis und Antarktis lässt den Meeresspiegel ansteigen: Küstenregionen und ganze Inselgruppen drohen im Meer zu versinken. Starkregen und Dürren treten häufiger auf und haben besonders in armen Ländern Ernteausfälle zur Folge. Manche Gebiete werden unbewohnbar. Schlimmer noch: Der schwindende Amazonas-Regenwald und der auftauende Permafrostboden im hohen Norden könnten eine unaufhaltsame Kettenreaktion mit globalen Folgen auslösen: Große Mengen bisher gespeicherter Kohlenstoffverbindungen werden als CO2 oder Methan in die Atmosphäre gelangen und den Treibhauseffekt beschleunigen.
Der Meeresspiegel könnte in den kommenden Jahrhunderten um bis zu 60 Meter steigen und mit den Wäldern geht Biodiversität verloren. Wetterextreme infolge des menschengemachten Klimawandels werden weltweit das Problem von Hunger und Mangelernährung verschärfen.
Doch seit Beginn der Industrialisierung handelt die Menschheit so, als hätte sie einen Freibrief für die grenzenlose Ausbeutung der globalen Ressourcen erhalten. Der Wandel der Erde hat sich beschleunigt – ein Wandel, den die Natur nicht verkraftet. Der Mensch ist dabei, die Ökosystemdienstleistungen wie das Bestäuben von Obstblüten durch Insekten, die Bereitstellung von nutzbarem Süßwasser und frischer Luft sowie die Reproduktion von Fischpopulationen zu zerstören. Das globale Ökosystem ist aus dem Gleichgewicht gekommen, weil alles, was zum System Erde gehört, sich gegenseitig beeinflusst und voneinander abhängig ist. Die Folgen: Klimaänderungen, beschleunigter Verlust von Artenvielfalt, „tote Zonen“ in den Meeren und weltweit sinkende Fruchtbarkeit der Böden. Nachfolgenden Generationen werden die Lebensgrundlagen entzogen. Doch können sich immer noch viele Menschen das Ende der Welt eher vorstellen als das Ende unseres auf Wachstum und Profitmaximierung basierenden Wirtschaftssystems.
Jeder siebte Mensch auf der Erde hungert, zwei Milliarden leiden an Mangelernährung und alle zehn Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger. Hunger und Mangelernährung haben viele Ursachen: Kriege und Flucht, Wetterextreme infolge des Klimawandels, Armut und zunehmende Ungleichheit zwischen Arm und Reich, unfaire Handelsabkommen sowie Korruption und Landraub. Und obwohl Nahrung ein Menschenrecht ist, akzeptiert die Weltgemeinschaft, dass durch Lebensmittelspekulationen die Situation immer weiter verschärft wird. Die zunehmende soziale Ungleichheit führt zur gesellschaftlichen Spaltung: Einkommen und Vermögen driften auseinander, Ungleichheit und soziale Abstiegsängste untergraben die politische Stabilität und gefährden die demokratische Teilhabe. Und da vor allem die reichen Länder ihren Bedarf nicht aus eigenen Ressourcen decken können, leben sie auf Kosten ärmerer Staaten. Dabei gibt es genug Nahrung und lebensnotwendige Ressourcen für alle, wenn wir nur verantwortungsbewusst damit umgehen würden.
Der Klimawandel könnte zum Hauptfluchtgrund werden und kriegerische Konflikte beim zunehmenden Wettstreit um natürlich Ressourcen verschärfen. Kiribati wird es bald nicht mehr geben. Der Inselstaat mitten im Pazifik wird Berechnungen zufolge noch im Laufe dieses Jahrhunderts durch den steigenden Meeresspiegel überflutet werden, 110.000 Menschen verlieren dadurch ihre Heimat. Fachleute sagen voraus, dass in den nächsten 50 Jahren zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Menschen gezwungen sein werden ihre Heimat zu verlassen.
In der Arbeitsgruppe Menschenrechte und Umwelt wollen wir über die Ursachen der Umweltzerstörung und des Klimawandels diskutieren, wir wollen deren Folgen erörtern und überlegen, wie wir einen Beitrag leisten können, um das Schlimmste zu verhindern.