Auf dem 40. Kongress der FIDH (Fédération Internationale pour les Droits Humains) in Taipei stimmten die Delegierten der Mitgliedsligen am 23. Oktober 2019 einstimmig für eine Resolution zum Umweltschutz. Die Resolution war eingereicht worden von Altsean (Myanmar), Kenya Human Rights Commission (Kenia), Colectivo de Abogados José Alvear Restrepo (Kolumbien), Asociación Pro Derechos Humanos (Peru), Comisión Ecuménica de Derechos Humanos (Ecuador), Open Asia (Afghanistan), Odhikar (Bangladesch), Foundation for Human Rights Initiative (Uganda).
Resolution
ANERKENNUNG DER WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN MENSCHENRECHTEN UND UMWELTSCHUTZ
Die FIDH teilt die Überzeugung, dass Menschenrechte und Umweltschutz sich bedingen. Eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt ist für die Verwirklichung des Rechts auf Leben, Ernährung, Gesundheit, Wasser, Wohnen, Beschäftigung, Kultur und die Rechte der indigenen Völker unablässig.
Es ist äußerst dringend geboten, eine solide Politik und gerechte Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Von der Sahelzone über die Karibik bis zum Horn von Afrika, dem Amazonasbecken, den Flusssystemen Asiens und des Pazifiks, wird immer deutlicher klar, dass der Klimawandel das Risiko von Konflikten und Gewalt erhöht, wie der letzte Bericht des „UN-Sonderberichterstatters für extreme Armut und Menschenrechte“ unterstreicht (IPCC special assessment report 2018).
Wir sind Zeugen der besonderen Bedrohungen, die Menschenrechtsverteidiger und indigene Völker als Opfer von Vertreibung und Enteignung, von Konflikten und Terrorismus, von Migration, Korruption und schlechter Regierungsführung, von Kolonialismus und Neokolonialismus, von systematischer Diskriminierung und anderen besonders verletzlichen Menschenrechten in der Folge von Umweltzerstörungen gefährden.
In der Erkenntnis, dass die Klimakrise eine Bedrohung für viele Grundrechte darstellt, hat der „Zwischenstaatliche Ausschuss der Vereinten Nationen für Klimaänderungen“ (IPCC) davor gewarnt, dass Biodiversität und Ökosysteme des Planeten von den Auswirkungen des Klimawandels noch stärker betroffen sein werden und erhöhte Risiken für Gesundheit, Existenzgrundlagen, Ernährungssicherheit und Wasserversorgung bergen (IPCC Special Assessment Report 2018). Der Ausschuss weist dabei auf das Recht jedes Einzelnen hin, vor den negativen Umweltauswirkungen in der Folge des Klimawandels geschützt zu werden, wobei den Menschen besondere Aufmerksamkeit zukommt, die den Naturkatastrophen am stärksten ausgesetzt sind.
Dennoch haben sich die Staaten jahrzehntelang unwillig und unfähig gezeigt, die Umwelt wirksam zu schützen und schädliche Wirtschaftsaktivitäten zu reglementieren. Erhebliche Defizite verbleiben bei der Umsetzung der internationalen Menschenrechtsinstrumente.
Unternehmen und andere Wirtschaftsakteure haben zur Klimakrise beigetragen (1) durch profitorientierte Maßnahmen, (2) durch Bemühungen zur Verheimlichung des Problems und Verbreitung von Fehlinformationen, täuschender Werbung und Lobbying, (3) durch Maßnahmen zur Diskreditierung, Einschüchterung oder Gefährdung von WissenschaftlerInnen, Menschenrechts-verteidigerInnen und anderer AktivistInnen, die die Ursachen und Auswirkungen kommerzieller Handlungsweisen auf Menschen- und Umweltrechte anprangern, (4) durch ihre Weigerung, zukünftig klimaschädliche Handlungen einzustellen, oder Maßnahmen zu ergreifen, um tatsächliche und potenzielle Auswirkungen wirksam abzumildern.
Zur Bewältigung dieser Krise sind dringende, vitale und ambitionierte menschenrechtszentrierte Maßnahmen erforderlich.
Die FIDH ist überzeugt, dass die Einbeziehung von Menschenrechtsaspekten in die Umweltpolitik und die Rechenschaftspflicht der verursachenden Unternehmen für den Schutz der vom Klima betroffenen Bevölkerung und das Wohlergehen künftiger Generationen von wesentlicher Bedeutung ist.
Die FIDH verpflichtet sich, mit den wichtigsten Interessengruppen, Einzelpersonen und Unternehmen in einer Reihe von Maßnahmen zusammenzuarbeiten, um die Rechte der betroffenen Gemeinschaften zu verteidigen und die Mitgliedsligen, die sich in dieser Angelegenheit engagieren, mit dem Ziel der Erweiterung des Rechtsrahmens, der Garantie von Rechenschafts- und Regresspflicht zu stärken. Diese Initiativen schließen das Spektrum der Maßnahmen ein, die in die Zuständigkeit der FIDH fallen, einbegriffen die Durchführung von Forschung, gemeindebasierten Menschenrechtsfolgeabschätzungen und strategischer Förderung und Rechtsbeihilfe.
Um dieses Ziel zu erreichen,
fordert die FIDH die Staaten auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Rechtsrahmen für den Schutz der Menschenrechte vor den Folgen des Klimawandels gegen nachteilige Auswirkungen aller Geschäftstätigkeiten zu stärken, insbesondere durch die Annahme eines verbindlichen UN-Instruments zu Geschäftshandeln und Menschenrechten, sowie nationale und regionale Rechtsvorschriften über die zwingende Sorgfaltspflicht zu transparenter und partizipativer Vorgehensweise,
appelliert an alle Akteure von Unternehmen, Menschenrechte und Umwelt bei ihren Tätigkeiten und in ihrer Lieferkette zu achten,
lädt alle zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Zusammenarbeit für die Erarbeitung von verstärkten Strategien zum Schutz der Menschen- und Umweltrechte ein.
Übersetzung: Knut Albrecht, Kongressdelegierter der Liga in Taipei
Veranstaltung
Am 28. November 2019 um 19:00 Uhr findet im Haus der Demokratie und Menschenrechte (Greifswalder Straße, Robert-Havemann-Saal) im Rahmen von „Menschenrechte aktuell“ eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Menschenrechte in Zeiten der Klimakrise“ statt.
Beteiligte: Anja Köhne (Scientists for Future), Clio Mieulet (Extinction Rebellion), Emma Fuchs (Fridays for Future), Herbert Lohner (BUND Berlin), Kerstin Doerenbruch (Greenpeace Berlin), Lara Eckstein (campact!), Moderation: Herbert Nebel (Internationale Liga für Menschenrechte)