Berlin (dpa/sa) – Nach dem Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle vor gut zweieinhalb Jahren fordern Menschenrechtler weiter mit Nachdruck eine lückenlose Aufklärung des Falls. »Da ist vieles im Detail noch ungeklärt, gerade was die polizeiliche Verantwortung für die menschenunwürdige Behandlung und den grausamen Tod des Migranten in Polizeiobhut betrifft«, sagte der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte (Berlin), Rolf Gössner, am Montag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.
»Durch die bisherigen Zeugenvernehmungen während des Prozesses haben wir zum Teil erschreckende Einblicke in die Organisation, das Verhalten und die Mentalität innerhalb des Dessauer Polizeireviers gewonnen«, sagte Gössner. »Aus dem Zwischenbefund einer gewissen organisierten Verantwortungslosigkeit müssen meines Erachtens dringend politische Konsequenzen gezogen werden, etwa was personelle Verantwortlichkeiten, Qualität gewahrsamsärztlicher Untersuchungen und Menschenrechtsbildung anbelangt«.
Gössner forderte zudem, strukturelle Missstände bei der Polizei transparent zu machen und Fehlentwicklungen auch mit Hilfe unabhängiger Kontrollinsti-tutionen wie einem Polizeibeauftragten mit besonderen Kontrollrechten zu begegnen. »Es stellt sich etwa die Frage, ob die Polizei einen stark betrunkenen Menschen ohne ihn zu beaufsichtigen in einer Zelle an allen vier Gliedmaßen fesseln darf«, sagte der Menschenrechtler mit Blick auf den Zustand des Asylbewerbers bei seiner Festnahme, »oder ob ein solcher Mensch nicht in medizinische Obhut gehört.«
Seit Ende März müssen sich vor dem Landgericht Dessau-Roßlau zwei Polizisten wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie fahrlässiger Tötung, jeweils durch Unterlassen, verantworten. Sie hatten am fraglichen 7. Januar 2005 im Dessauer Polizeirevier Dienst und sollen mitverantwortlich für den Tod des Afrikaners sein. Dieser soll das Feuer in seiner Zelle trotz Fesselung selbst verursacht haben.