Die Internationale Liga für Menschenrechte drückt ihr tieftes Beileid zum plötzlichen und frühzeitigen Tod des Fotografen Kai Wiedenhöfer aus.
Kai Wiedenhöfer, Preisträger der 2016 verliehenen Carl-von-Ossietzky-Medaille, konnte als einer der besten Dokumentarfotografen seiner Generation mit menschenwürdiger Haltung die tragischen Auswirkungen von Ausgrenzungsmauern übermitteln.
Seine Ausstellungen und Werke lösten eine öffentliche Diskussion über die Unmenschlichkeit von Stacheldraht, Zäune und Absperrungen zur nationalen oder regionalen Abschottung aus und zeigten uns außerdem Menschen in Not und Armut, die allzu oft aus dem Blickfeld der westlichen Gesellschaft geraten.
„Kai Wiedenhöfer weiß um das Paradox, dass das Leid einer großen Masse weniger Eindruck auf uns macht als das Schicksal eines Einzelnen.“ (Gerhard Steidl, Laudatio auf Kai Wiedenhöfer zur Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2016)
Die Liga möchte vor allem Kai Wiedenhöfers ausführliche und aufklärerische Arbeit in der Region von Israel und Palästina gedenken:
Seit 1993 hat Kai Wiedenhöfer wiederholt und häufig für längere Zeit im Gazastreifen gelebt und strebte eine tiefere fotografische Darstellung an, die den Geist und die Realität der Lebenssituationen der Menschen im Gazastreifen einfangen sollte. In seinem ersten Buch „Perfect Peace“ hat er 2002 das Leben im Gazastreifen aufgezeichnet. Wiedenhöfer suchte nach dem Geist der Ausnahmebedingungen, in denen Menschen mit Krieg, Verfolgung, Leid und Tod konfrontiert sind.
Kai Wiedenhöfer strebte nach einer einzigartigen Perspektive. Er dokumentierte nicht nur die physische Zerstörung von Gebäuden und Infrastruktur, sondern zeigte auch die Auswirkungen auf das tägliche Leben, insbesondere wenn der Friedensprozess ins Stocken gerat. Seine Fotografien verdeutlichten die Herausforderungen und die Perspektivlosigkeit, welche den Menschen im Angesicht solcher Umstände begegnen.
Von 2003 bis 2006 dokumentierte Wiedenhöfer in seinem Buch „Wall“ den Bau von Maueranlagen, mit denen Israel die besetzten Gebiete zerteilte, um sich gegen die Palästinenser abzuschotten. Er wurde davon überzeugt, dass Mauern immer eine Niederlage und ein Symbol für Scheitern sind und nie eine sinnvolle Lösung für das Problem bieten.
Kai Wiedenhöfer kehrte 2009 nach den Angriffen Israels auf den Gazastreifen zurück und verfasste sein Buch „Book of Destruction“, welches die Mauer und ihr Scheitern widerspiegelten. Für sein Buch erhielt er außerdem den Carmignac Gestion Photojournalism Award, welcher darauf abzielt, eine Öffentlichkeit für Werke zu gewinnen, welche üblicherweise als verstörend oder unangemessen angesehen werden.
„Wir sollten uns der handwerklichen und künstlerischen Ebene seiner Arbeit bewusst sein. Desto besser können wir über die gesellschaftliche und politische Dimension von Fotografie sprechen und in diesem Zusammenhang die große Leistung von Kai Wiedenhöfer würdigen.” (Gerhard Steidl, Laudatio auf Kai Wiedenhöfer zur Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2016)