Internationale Liga für Menschenrechte

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Gaza brennt – und die Welt schaut zu. Die LIGA fordert ein Ende des Genozids

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In den vergangenen Monaten haben die israelischen Streitkräfte ihre Angriffe auf den gesamten Gazastreifen massiv ausgeweitet, aus der Luft, zu Land und von See. Die Bodenoffensive wurde vertieft, was zu Tausenden Toten, zerstörter ziviler Infrastruktur und der Vertreibung hunderttausender Menschen führte.

Die Situation im Gazastreifen ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe, sie ist ein geplanter Genozid. Die LIGA benennt klar, was sich derzeit in Gaza vollzieht: ein systematisches Vernichtungsprogramm an der palästinensischen Bevölkerung unter Billigung westlicher Staaten und der Bundesregierung via „Staatsräson“ und Rüstungsexporte. 

Seit dem 2. März 2025 wurde keine Nahrungsmittellieferung mehr nach Gaza zugelassen, die längste und hermetischste Hungerblockade seiner jüngeren Geschichte. Über zwei Millionen Menschen, darunter Hunderttausende Kinder, sind akut von Hunger und Durst bedroht. Nach der gezielten Zerstörung von Landwirtschaft und Wasserversorgung ist die Bevölkerung vollständig auf externe Hilfe angewiesen, die jedoch blockiert wird. Medikamente gehen zur Neige, sauberes Trinkwasser ist kaum verfügbar.

Mehr als 30 % des Gebiets sind dauerhaft durch israelische Truppen besetzt und ganze 70 % zur Sperrzone erklärt. Weitere 10.000 Soldaten wurden zuletzt im Süden stationiert. Humanitäre Mitarbeitende werden getötet, Journalisten bombardiert, Krankenhäuser belagert, internationale Proteste ignoriert und repressiv unterdrückt.

All dies entspricht einen systematischen Angriff auf grundlegende Menschenrechte, darunter das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Nahrung, Wasser, medizinische Versorgung, Schutz vor Vertreibung und das Recht auf eine menschenwürdige Existenz (Art. 3, 5, 14, 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948). Die gezielte Aushungerung, die gewaltsame Vertreibung und die Zerstörung ziviler Infrastruktur erfüllen nach juristischer Einschätzung zunehmend die Kriterien eines Genozids, wie sie in der UN-Völkermordkonvention von 1948 definiert sind. Der Begriff Genozid bezeichnet nach Art. 2 der Konvention Handlungen, die mit der Absicht vorgenommen werden, eine nationale, ethnische, oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören, etwa durch Tötung, das Zufügen schweren körperlichen oder seelischen Schadens oder das Herbeiführen lebensfeindlicher Bedingungen.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist mit der Aufarbeitung solcher Verbrechen betraut. Seine Unabhängigkeit und Autorität sind zentrale Säulen der internationalen Rechtsordnung. Eine selektive Anerkennung seiner Haftbefehle, etwa durch Aussagen führender CDU-Politiker, man werde Netanjahu im Falle seiner Einreise nicht ausliefern, untergräbt nicht nur das Gericht selbst, sondern auch die universellen Menschenrechte, deren Einhaltung Deutschland völkerrechtlich verpflichtet ist.

Israels Premierminister Netanyahu hat wiederholt erklärt, dass das Ziel seiner Regierung die „freiwillige“ Auswanderung der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza sei, eine zynische Umschreibung für die gewaltsame, lang angelegte Vertreibung der dort lebenden Menschen. Statt einer bloßen militärischen Kontrolle wird eine langfristige Verdrängung der Bevölkerung betrieben, die Gaza strukturell entleeren und es in eine politisch kontrollierbare Zone verwandeln soll, getragen von der Idee exklusiver Vorherrschaft. Was einst als radikale Forderung rechter Randfiguren galt, ist inzwischen Teil offizieller Regierungspolitik. Die Bundesregierung schweigt und liefert weiter Waffen.

Die Kritik an dem militärischen Vorgehen – um nicht zu sagen, Vernichtungskrieg – der Netanjahu- Regierung wird nicht nur von einer Reihe internationaler Organisationen und Medien geteilt – wie etwa Human Rights Watch1 , Amnesty International2 und die UN3 sondern auch vom internationalen Gerichtshof in Den Haag, der einen Haftbefehl für den Verantwortlichen Regierungschef fordert. In Deutschland wird aber immer noch versucht, jede Kritik an der israelischen Regierung als antisemitisch zu verteufeln oder zumindest mit dem Leitspruch „Israel ist Staatsräson” zu rechtfertigen. Hierzu erklärt LIGA-Vorstandsmitglied Eberhard Schultz: „Wir als Internationale Liga für Menschenrechte lassen uns nicht von Vorwürfen des Antisemitismus einschüchtern, wenn wir die Politik der zionistischen Regierung kritisieren. Eine notwendige Verurteilung darf nicht durch ein historisch bedingtes Schuldgefühl gegenüber den Verbrechen des NS-Regimes abgeschwächt werden. Wir gehen davon aus, dass es sich bei Israel um einen völkerrechtswidrig handelnden Apartheidstaat handelt – eine Einschätzung, die Amnesty International nach zweijähriger, sorgfältiger Untersuchung und auf Basis unwiderlegbarer Gutachten bestätigt hat. Mit unseren Mitteln möchten wir dazu beitragen, weiteren schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gegen Palästinenser*innen entgegenzuwirken. Wir rufen alle, die die Menschenrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung von 1948 ernst nehmen, dazu auf, sich unserem Einsatz und dem vieler NGOs sowie zahlreicher Staaten des globalen Südens und Ostens anzuschließen.“

Die Liga fordert ein vollständiges Waffenembargo, die sofortige Öffnung humanitärer Korridore, die konsequente strafrechtliche Verfolgung israelischer Regierungsmitglieder vor dem Internationalen Strafgerichtshof und eine klare Absage an das selektive Wegsehen und Schweigen westlicher Regierungen, wann immer völkerrechtswidrige Gewalt von ihren Partnerstaaten ausgeht.

Die gezielte Aushungerung einer eingeschlossenen Zivilbevölkerung, die systematische Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktur und die Blockade humanitärer Hilfe sind schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht – und verlangen eine eindeutige, rechtsbasierte Reaktion der internationalen Gemeinschaft.

1 https://www.hrw.org/news/2025/05/15/gaza-latest-israeli-plan-inches-closer-extermination

2 https://www.amnesty.org/en/latest/news/2025/05/israel-opt-two-months-of-cruel-and-inhumane-siege-are-further-evidence-of-israels-genocidal-intent-in-gaza/

3 https://www.un.org/unispal/document/un-experts-statement-07may25/

Hintergrundinformationen: https://www.un.org/unispal/document/anatomy-of-a-genocide-report-of-the-special-rapporteur-on-the-situation-of-human-rights-in-the-palestinian-territory-occupied-since-1967-to-human-rights-council-advance-unedited-version-a-hrc-55

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