Internationale Liga für Menschenrechte

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Der Weltflüchtlingstag mahnt: Die Grund – und Menschenrechte auf Asyl und Familieneinheit in Deutschland sind in großer Gefahr 

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In seiner Botschaft zum Weltflüchtlingstag mahnt der UN-Generalsekretär Guterres angesichts der aktuellen Entwicklung in vielen Ländern und international: „Solidarität muss darin bestehen, die humanitäre Hilfe und Unterstützung bei der Entwicklung zu stärken, den Schutz und dauerhafte Lösungen, wie beispielsweise die Neuansiedlung auszuweiten und das Recht auf Asyl – eine tragende Säule des Völkerrechts – zu wahren.“ 

Er erklärt weiter: 

„Am heutigen Tag würdigen wir das Schicksal der Millionen von Flüchtlingen, die gezwungen sind, vor Krieg, Verfolgung und Katastrophen die Flucht zu ergreifen […] Die Aufnahmegemeinschaften, häufig in den Entwicklungsländern, sind am stärksten belastet. Dies ist ungerecht und auf Dauer nicht tragbar. Doch während die Welt ihrer Aufgaben nicht gerecht wird, zeigen die Flüchtlinge selbst weiterhin außergewöhnlichen Mut, Widerstandsfähigkeit und Entschlusskraft. Wenn wir Ihnen die Chance geben, leisten Sie konstruktive Beiträge. Sie stärken die Volkswirtschaften, bereichern Kulturen und vertiefen soziale Beziehungen.“ 

Gerade in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, zeigt die aktuellen Entwicklung die Notwendigkeit, diesen Aufruf ernst zu nehmen. 

Die Internationale Liga für Menschenrechte äußert scharfe Kritik an dem aktuellen Kabinettsentwurf zur weiteren Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Der Gesetzentwurf stellt einen eklatanten Eingriff in das international garantierte Recht auf Familie dar und widerspricht menschenrechtlichen Grundprinzipien. 

Der vorgelegte Entwurf sieht vor, den Familiennachzug für Personen mit subsidiärem Schutzstatus weiterhin auszusetzen und nur in engen Ausnahmefällen zuzulassen. Bereits im Koalitionsvertrag wurde diese Maßnahme vereinbart – nun soll sie gesetzlich verankert werden. Das offizielle Dokument des Bundestags zum Gesetzentwurf ist hier abrufbar: BT-Drucksache 21/321

Die Internationale Liga für Menschenrechte weist darauf hin, dass die geplante Regelung zahlreiche Geflüchtete – darunter viele aus Bürgerkriegsländern wie Syrien – dauerhaft von ihren engsten Angehörigen trennt. Der Ausschluss von Eltern, Kindern oder Ehepartner*innen vom Familiennachzug führt in der Praxis zu jahrelangen Trennungen und psychischen Belastungen, insbesondere für Kinder. 

Statt menschenrechtlich gebotener Unterstützung erleben Betroffene bürokratische Hürden, intransparente Verfahren und langwierige Wartezeiten. Die Beschränkungen behindern Integration, erschweren gesellschaftliche Teilhabe und verschärfen die soziale Isolation vieler Schutzsuchender. 

Besonders besorgniserregend ist die fortgesetzte Ungleichbehandlung zwischen Menschen mit Asylstatus und jenen mit subsidiärem Schutz. Obwohl Letzteren in vielen Fällen ebenso schwerwiegende Gefahren im Herkunftsland drohen, werden ihnen zentrale Rechte, insbesondere das auf Familienleben, vorenthalten. 

Dabei sind die Rechte auf Ehe und Familie klar in internationalen und nationalen Rechtsnormen verankert: Artikel 6 Grundgesetz (GG), Artikel 8 Europäisch Menschenrechtskonvention (EMRK), Artikel 7 EU-Grundrechtecharta und Artikel 10 UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK).  

Die Internationale Liga für Menschenrechte fordert daher: 

  • die vollständige Wiederherstellung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, 
  • die Abschaffung diskriminierender Schutzstatus-Unterscheidungen beim Familienrecht und 
  • eine klare Orientierung an menschenrechtlichen Standards in der Asyl- und Migrationspolitik. 

Ein menschenrechtskonformer Umgang mit Geflüchteten beginnt mit dem Schutz der Familie. Politische Entscheidungen, die das Gegenteil bewirken, sind nicht hinnehmbar. 

Nele Allenberg, Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland und Europa des deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) beschreibt die dramatische Entwicklung in einer Pressemitteilung vom 19.06.2025 so: 

„,In den letzten Wochen und Monaten haben wir in Europa und auch in Deutschland ein deutliches Abrücken von den verbindlichen menschenrechtlichen Grundlagen erlebt, die Menschen auf der Flucht schützen’, So wurden das individuelle Recht auf Asyl infrage gestellt und Schutzsuchende europa- und menschenrechtswidrig an deutschen EU-Binnengrenzen zurückgewiesen. Zuletzt hatten neun europäische Regierungschef*innen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in einem offenen Brief für eine nach ihrer Auffassung zu weit gehende Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kritisiert und mehr Handlungsfreiheit für die Politik gefordert – etwa im Umgang mit Schutzsuchenden, die von anderen Staaten wie zum Beispiel Belarus nach Europa geschickt und damit zur Destabilisierung der EU-Mitgliedstaaten instrumentalisiert werden.“ (Mitteilung vom 19.6.2025). 

Auch die Neue Richter*innenvereinigung (NRV) mit Sitz ebenfalls im Haus der Demokratie und Menschenrechte mahnt unter der Überschrift: „Rechtsstaatliche Prinzipien gelten auch für die neue Bundesregierung!“: 

„Als Richter*innen und Staatsanwält*innen dieses Landes sind wir beunruhigt über die Haltung des neuen Bundesinnenministers Dobrindt, der sich unbeeindruckt von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zur Zurückweisung von Asylsuchenden ohne Einhaltung des vorgesehenen sog. Dublin-Verfahrens zeigt, die ihm unmissverständlich die Rechtswidrigkeit der von ihm angeordneten Maßnahmen (VG Berlin, Beschluss v. 02.06.2025 – VG 6 L 191/25 –) bescheinigt.“ 

Hierzu erklärt unser Vorstandsmitglied , Menschenrechtsanwalt Eberhard Schultz: 

„Wir sind nicht nur erschüttert über diese neue Stufe der Verletzung von Menschenrechten – ausgerechnet der schwächsten unserer Gesellschaft – wir halten fest an unseren Prinzipien im Geiste von Carl von Ossietzky. Im Gegenteil wir wissen uns einig nicht nur mit den Betroffenen und ihren Organisationen, sondern auch mit engagierten Expertinnen und wichtigen Institutionen wie dem Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) und internationalen Institutionen wie dem UN Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung (ICERD). Dieser hat bei seiner Sitzung in Genf vor einem Jahr bereits Deutschland wegen der Behandlung von Palästinenser:innen kritisiert (vergleiche den Bericht auf der Website der Eberhard Schultz Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation) und verlangt, dass die Demonstrations – und Vereinigungsfreiheit nicht eingeschränkt werden dürfe.“ 

Berlin, den 20. Juni 2025 

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