Internationale Liga für Menschenrechte

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„Asylrechtsbeschleunigungsgesetz“ verletzt völkerrechtlich garantierte Menschenrechte

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Die Internationale Liga für Menschenrechte verurteilt die geplante Verabschiedung des „Asylrechtsbeschleunigungsgesetzes“, das im Schnelldurchgang von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll, als massive Verletzung der Menschenrechte der in Deutschland vor Verfolgung Schutz suchenden Flüchtlinge.

Die geplante Herabsenkung der Sozialleistungen verletzt das Menschenrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Erst 2012 mussten die Leistungen für Asylbewerber erhöht werden, weil das Bundesverfassungsgericht festgestellt hatte, dass die Leistungen nach der damaligen Regelung evident unzureichend waren und dieses Grundrecht verletzten. Mit dem „Asylrechtsbeschleunigungsgesetz“ wird der vom Bundesverfassungsgericht als grundrechtswidrig erkannte Rechtszustand restauriert. Es kann von einem offenen und vorsätzlichen Verfassungsbruch gesprochen werden.

Die Verpflichtung, in einer bestimmten, vom Staat zugewiesenen Aufnahmeinrichtung zu wohnen, wird von drei auf sechs Monate verlängert, für Flüchtlinge aus angeblich sicheren Herkunftssaaten sogar auf unbestimmte Zeit. Damit wird die Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen weiter massiv eingeschränkt. Statt die der Integration förderliche Eigeninitiative zu stärken, werden Flüchtlinge noch länger bevormundet.

Flüchtlinge, die das Pech haben, aus einem angeblich sicheren Herkunftsstaat zu kommen, oder bei denen aus anderen Gründen davon ausgegangen wird, dass ein „rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist“, sind besonderen, massiven Einschränkungen ihrer Rechte ausgesetzt, die der Genfer Flüchtlingskonvention, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte widersprechen. Die erst seit Anfang 2015 auf den Aufenthalt in den ersten drei Monaten beschränkte Residenzpflicht gilt für Flüchtlinge und „Geduldete“ aus angeblich sicheren Herkunftsstaaten wieder unbeschränkt. „Geduldeten“, die aus sicheren Herkunftsstaaten stammen oder denen fehlende Mitwirkung an ihrer Abschiebung vorgeworfen wird, soll eine Ausbildung oder eine Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden dürfen. Dies stellt eine eklatante Verletzung der Ausbildungs- und Berufsfreiheit dar.

Die Einstufung von Ländern, in denen eine massive Diskriminierung von Roma besteht, als sichere Herkunftsstaaten, ist mit dem Asylrecht, zu dem sich die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich verbindlich verpflichtet hat, unvereinbar. Die niedrigen Anerkennungsquoten für Asylbewerber aus diesen Ländern sind Folge einer oberflächlichen Prüfung der Anträge und kein Beweis dafür, dass Asylgründe nicht vorlägen. So ist beispielsweise die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus Serbien in der Schweiz 37 %, für solche aus dem Kosovo in Großbritannien 44 %, obwohl die Zusammensetzung der Gruppen sich von Antragstellern in Deutschland nicht unterscheidet (ANA-ZAR 2015, 33).

Eine weitere Verletzung des Völkerrechts liegt in der geplanten Einrichtung von „Haftlagern“ an den EU-Außengrenzen.

Für die Internationale Liga für Menschenrechte war der Kampf für die Menschenrechte der Flüchtlinge immer wichtiger Teil ihrer Arbeit und ein Kernanliegen. Sie unterstützt die eindringlichen Warnungen der Flüchtlingsräte, von Pro Asyl e. V. und anderen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen vor dem neuen Gesetz.

Sie ruft alle Bürgerinnen und Bürger auf, durch Proteste die Verabschiedung des Asylrechtsbeschleunigungsgesetzes zu verhindern.

Die Liga fordert Bundestag und Bundesrat dazu auf, dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. Sie fordert die Bundesregierung auf, die völkerrechtlichen Garantien zugunsten von Flüchtlingen endlich zu beachten.

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