Internationale Liga für Menschenrechte

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Ein Versagen der UNO-Kommission für Menschenrechte

Anhaltende alltägliche Menschenrechtsverletzungen in Iran

Bei der 58. Sitzung der UNO-Kommission für Menschenrechte gewann eine Koalition von autoritär regierten Staaten die Oberhand und konnte eine von der Europäischen Union unterstützte Resolution zur Verurteilung der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im Iran verhindern. Diese neue Koalition von Staaten, bestehend aus Algerien, Armenien, Bahrain, China, Kuba, Kongo, Indien, Indonesien, Libyen, Malaysia, Nigeria, Pakistan, Russland, Saudi-Arabien, Senegal, Sudan, Syrien, Togo, Venezuela und Vietnam konnten es schaffen, die wichtigste internationale Institution zur Verteidigung der Menschenrechte zu dominieren. Bedenkt man die Situation im Mittleren Osten, die israelische Besetzung palästinensischer Autonomiegebiete, die einseitige Parteinahme durch die USA und den diplomatischen Handel mit dem Iran einerseits und mit China und Russland andererseits, war ein solches Abstimmungsverhalten der o.g. Staaten aber vorhersehbar. Iranische Menschenrechtsaktivisten sprachen von einem traurigen Tag für die Menschenrechte und verwiesen darauf, dass dadurch die autoritären Ayatollahs ermutigt werden, den Iranern ihre Grundrechte und -freiheiten zu verweigern.

In der abgelehnten Resolution sollten die öffentlichen, grausamen Hinrichtungen, die Anwendung von Folter sowie die Verschlechterung der Situation der Meinungsfreiheit verurteilt werden.

Der UNO-Sonderberichterstatter für Iran, M. D. Copithorne, verweist in seinem letzten Bericht vom Januar 2002 auf den Anstieg von öffentlichen Auspeitschungen und Hinrichtungen. Nach Angaben von Amnesty International lag die offizielle Zahl der Hinrichtungen im Iran 2001 mit 139 an zweiter Stelle nach China. Es ist von einer weitaus höheren Dunkelziffer ungemeldeter Exekutionen auszugehen.

Anfang Mai mussten auf Anordnung der iranischen Justiz die Tageszeitungen „Iran“, die zu IRNA, der Nachrichtenagentur der Islamischen Republik gehört, und „Bonyan“ ihr Erscheinen einstellen. Mit diesen zwei sind im letzten halben Jahr insgesamt 84 Zeitungen verboten worden.

Copithorne spricht von dem die iranische Gesellschaft heute durchziehenden Widerspruch zwischen dem klar ausgedrückten Willen des Volkes und dem hartnäckigen Widerstand gegen diesen Willen. In einem Interview gegenüber dem Iranischen Presse Dienst in Genf hatte er geäußert, das die amtierende Regierung von Präsident Khatami nicht fähig war, die Wünsche der iranischen Bevölkerung, vor allem der Jugendlichen, der Studenten und der Frauen zu erfüllen. Durch diese anhaltenden Unterdrückung der iranischen Bevölkerung brechen im Land immer wieder Unruhen aus. So zum Beispiel im Zusammenhang mit den Protesten vor ungefähr zwei Wochen in der Provinz Khorasan. In der Stadt Ferdos waren tausende Einwohner auf die Straße gegangen, um friedlich gegen die Teilung der Provinz zu demonstrieren. Die Proteste wurden von den Pasdaran (Revolutionsgarde) zerschlagen und zahlreiche Demonstranten festgenommen. Als am Nachmittag des selben Tages wieder viele Einwohner auf die Straßen gingen, um die Freilassung der Festgenommenen zu erwirken, schossen die Pasdaran in die Menge. In den Regierungszeitungen wurden lediglich die Namen von zwei Getöteten, dem 14 jährigen Mehdi Tajali und dem 26 jährigen Hadi Ahmadi, bekannt gegeben. Weit mehr Demonstranten waren aber getötet worden. In Ferdos wurde Ausgangssperre verhängt.

In Teheran kam es ebenso in den letzten Wochen zu Unruhen. Als die Pasdaran einige Jugendliche auf der Straße festnehmen wollten, setzten sich die umstehenden Menschen zur Wehr. Die Pasdaran schossen auf die Protestierenden und der Vater eines der Jugendlichen wurde vor Ort getötet sowie die Mutter verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.

Auch die systematische, verfassungsgemäße Diskriminierung von Frauen führt weiterhin zu alltäglichen Menschenrechtsverletzungen in Iran. Aktuell droht einigen inhaftierten Frauen die grausame Todesstrafe der Steinigung. Dazu gehört die 32-jährige Afsaneh Norosi, die sich gegen eine versuchte Vergewaltigung durch den Freund ihres Mannes gewehrt hatte und dabei den Vergewaltiger umbrachte. Zwei weitere junge Frauen sind wegen ähnlichen Taten ebenso als Mörderin zum Tode verurteilt worden. Wie das „International Commitee against Stoning“ am 2.Mai 2002 berichtete, ist laut der iranischen Tageszeitung „Entekhab“ eine Frau, Ferdos B., zum Tode durch Steinigung in Iran verurteilt worden. – Wird Frauen im Iran eine außereheliche sexuelle Beziehung vorgeworfen, droht ihnen eine Vollstreckung der Todesstrafe durch Steinigung.

Wir fordern die deutsche Regierung auf, gegen die menschenunwürdige Strafe der Steinigung sowie andere öffentliche und grausame Strafen im Iran zu protestieren und die Einreise des UNO-Sonderberichterstatters in den Iran zu fordern. Der weltweite Kampf gegen den Terrorismus darf nicht dazu führen, ganze Völker für die Taten terroristischer Gruppen oder staatsterroristischer Aktivitäten zu verurteilen. Ebenso ist eine Politik abzulehnen, die im Zuge diplomatischer Bemühungen um regionale Bündnispartner Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen einstellt.

Wahied Wahdathagh

(Präsident)

Mila Mossafer

(stellv. Sprecherin des Iran-Ausschusses)

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