Tod, Flucht und Hunger
Nach den Überfällen der Hamas im Oktober letzten Jahres gegen Israel, führt die israelische Armee seither einen Krieg im Gazastreifen. Das israelische Kriegsziel, die Hamas vollständig beseitigen zu wollen, erinnert an die US-amerikanische Agenda des „War on Terror“ der Bush-Administration nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Dass die Umsetzung dieser Anti-Terror-Politik insbesondere Tod, Vertreibung und Hunger verursachte und keineswegs zu erhöhter Sicherheit und Frieden führte, sei hier nur am Rande erwähnt. Unter dem Krieg in Gaza leidet primär die palästinensische Zivilbevölkerung. Seit dem 7. Oktober sind durch die israelischen Streitkräfte bereits mehr als 30.000 palästinensische Zivilist*innen getötet und mehr als 70.000 Menschen verletzt worden (vgl. Statista Research Department 2024). Ganze Stadtviertel und Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht. Etwa 1, 9 Millionen Palästinenser*innen wurden vertrieben und suchen vergeblich nach Schutz vor den anhaltenden Kämpfen in den besetzten palästinensischen Autonomiegebieten (ebd.). Die humanitäre Hilfe, die den Gazastreifen teilweise erreicht, ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein und kann das Leid und den Hunger der Menschen in Gaza kaum mindern. Das israelische Militär beschießt unter dem Vorwand Terroristen beseitigen zu wollen, Krankenhäuser, Schulen und andere zivile Einrichtungen. In der Bundesregierung wird hingegen in erster Linie das Selbstverteidigungsrecht Israels betont, welches aufgrund des menschenverachtenden Vorgehens der israelischen Armee in den besetzten palästinensischen Gebieten jeglicher Grundlage entbehrt. Die Befreiung der 136 israelischen Geiseln, die neben der Vernichtung der Hamas ein zentrales Anliegen der militärischen Vorgehensweise darstellt, schlug bislang fehl. Stattdessen stirbt aufgrund israelischer Angriffe in Gaza alle 15 Minuten ein Kind (vgl. Taz 2024).
Südafrika und Nicaragua klagen in Den Haag
In Reaktion auf das israelische Vorgehen in Gaza klagten südafrikanische Jurist*innen am 29. Dezember 2023 Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, wegen eines möglichen Völkermords an den Palästinenser*innen, an. Während der Anhörung am 11. Januar 204 verwiesen die Vertreter*innen Südafrikas auf die hohe Zahl ziviler Opfer, die Zerstörung der zivilen Infrastruktur und die erheblichen Einschränkungen zu Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung. Der IGH urteilte, dass Israel mit sofortiger Wirkung sicherstellen muss, dass das israelische Militär keine Handlungen begeht, die den Tatbestand eines Völkermords erfüllen und das grundlegende Dienstleistungen und humanitäre Hilfe für die palästinensischen Zivilist*innen bereitgestellt werden müssen. Die Anordnung einer Umsetzung vorläufiger Maßnahmen zu umfänglicherem Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung, setzt Israel bislang jedoch nicht im geforderten Maß um. Die uneingeschränkte deutsche Solidarität und Unterstützung Israels mündete in der Anklage Nicaraguas im März 2024, in welcher der Bundesrepublik Deutschland (BRD) Beihilfe zur Begünstigung eines Völkermords an den Palästinenser*innen vorgeworfen wird (vgl. Deutschlandfunk 2024). In der Anklage Nicaraguas wird der Bundesregierung vorgeworfen, der Pflicht, die Begehung eines Genozids an den Palästinenser*innen zu verhindern, nicht nachzukommen. Dies geschehe durch die politische, finanzielle und militärische Unterstützung Israels und die zwischenzeitliche Streichung deutscher Hilfsgelder für das UN-Palästinahilfswerk (UNRWA). Im Jahr 2023 lieferte Deutschland Rüstungsexporte im Wert von über 326, 5 Millionen an Israel, davon Waffen im Wert von über 20 Millionen Euro (vgl. ZDF 2024). Nach Informationen des „Stockholm International Peace Research Institute“ (SIPRI) kommen etwa 30% der israelischen Rüstungsimporte aus Deutschland (vgl. The Washington Post 2024). Israel entwickelte sich zum drittstärksten Waffenimporteur Deutschlands (ebd.). 12% der deutschen Rüstungsexporte werden nach Israel geliefert (ebd.). Auch daher erstatteten Berliner Rechtsanwält*innen, wie Nadija Samour und Nora Salem, gegen hochrangige deutsche Politiker*innen Strafanzeige. Durch die gelieferten Waffen leiste die Bundesregierung Beihilfe zu Kriegsverbrechen und einem möglichen Völkermord an den Palästinenser*innen (vgl. Taz 2024). Die Anzeige richtet sich konkret gegen die neun Mitglieder des Bundessicherheitsrats, der über Rüstungsexporte der BRD entscheidet (ebd.).
Die deutsche uneingeschränkte Israel-Solidarität, welche auf dem Rücken der Palästinenser*innen ausgetragen wird, ist keineswegs förderlich für einen gerechten Frieden in Israel/Palästina. Es muss auch in Deutschland möglich sein, die menschenverachtenden Kriegsmethoden Israels offen zu beurteilen und sich einer militärischen Unterstützung Israels zu entziehen, insbesondere da der IGH verlautete, dass die Sorge bestehe, dass Israel seine Verpflichtungen aus der UN-Konvention gegen Völkermord verletze. Dies entblößt darüber hinaus das groteske Statement der Bundesregierung im Vorfeld, dass die Klage Südafrikas jeglicher Grundlage entbehre (vgl. Zeit 2024). Daher fordern wir die Bundesregierung dazu auf, die Anklage Nicaraguas gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof und die Strafanzeige der Berliner Rechtsanwält*innen ernst zu nehmen, umgehend die militärische Unterstützung Israels im Gaza-Krieg einzustellen und sich ausdrücklich für einen sofortigen Waffenstillstand auszusprechen!