Die Internationale Liga fordert die Außenministerin Annalena Baerbock auf sich unverzüglich für eine sofortige Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas einzusetzen.
Die Angriffe der Hamas auf israelische Zivilist*innen am 07.10.2023 stellen schwere Verstöße gegen das Völkerrecht dar. Etwa 1.400 Israelis und andere Staatsangehörige wurden ermordet und 5.431 verletzt. Das Völkerrecht verbietet strengstens das Anvisieren von Zivilist*innen, den Einsatz von wahllosen Waffen, Mord, Verstümmelung, und Geiselnahme.
Da Palästina ein Vertragsstaat des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (RS) ist, liegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von palästinensischen Staatsangehörigen begangen werden, einschließlich Angriffen auf Zivilist*innen (RS, Art. 8.2.b.i/8.2.e.i) und Geiselnahmen (RS, Art. 8.2.a.viii/8.2.c.iii), in der sachlichen und persönlichen Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) (RS, Art. 12.2.b und Art. 13.a). Die Liga fordert die Einhaltung des humanitären Völkerrecht – einschließlich der Genfer Konventionen.
Die Begehung schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch eine Konfliktpartei – einschließlich einer bewaffneten Gruppe – rechtfertigt jedoch nicht deren Begehung durch eine andere Partei. Dieses Grundprinzip gilt unabhängig von der Art des bewaffneten Konflikts und unabhängig von den „Ursachen, die von den Parteien geltend gemacht oder ihnen zugeschrieben werden“ (Genfer Konventionen (GC), Zusatzprotokoll I (API)).
Die israelische Armee hat seit dem 08.10.2023 Tausende von Bomben auf den Gazastreifen abgeworfen, einen der am dichtesten besiedelten Orte der Erde, in dem 2,1 Millionen Palästinenser*innen leben, von denen etwa die Hälfte Kinder sind. Vom 07.10.2023 bis zum 27.10.2023 wurden über 7.000 Palästinenser*innen in Gaza, darunter über 2.900 Kinder, getötet und mehr als 20.000 verletzt – davon Tausende schwer verletzt – nach Angaben des OCHA. Am 09.10.2023 hat Israel den Zugang der Palästinenser*innen im Gazastreifen zu Lebensmitteln, Wasser, Strom, Treibstoff und medizinischer Versorgung abgeschnitten. Sauberes Trinkwasser ist knapp, und die Risiken einer tödlichen Dehydrierung und des Ausbruchs von durch Wasser übertragenen Krankheiten, einschließlich Cholera, ist akut. Das durch die 16-jährige Blockade ohnehin schwache Gesundheitssystem in Gaza ist laut Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza am 24.10.2023 „vollständig kollabiert“. Die israelische Armee hat über 177.781 Häuser dem Erdboden gleichgemacht oder beschädigt, was Berichten zufolge 45% aller Wohneinheiten in Gaza entspricht. Über 1,4 Millionen Menschen aus dem Gazastreifen, darunter schätzungsweise 15 Prozent mit Behinderungen, sind vertrieben worden.
Die Außenministerin Baerbock ist verpflichtet die drohende dauerhafte und gewaltsame Verlegung der Zivilbevölkerung von einem Gebiet in ein anderes zu verurteilen und zu verhindern. (GCIV, Art 49/APII, Art 17(1)). Die deutsche Regierung ist verpflichtet, Maßnahmen zur Verhinderung von Völkermord zu ergreifen, wenn die Gefahr besteht, dass dieser durchgeführt werden wird. .
In diesem Sinnen bestärkt die Liga die Forderungen der FIDH vom 11.10.2023 (https://www.fidh.org/en/region/north-africa-middle-east/israel-palestine/israel-palestine-the-international-federation-for-human-rights ) und fordert die Bundesregierung auf:
- sich unverzüglich für einen sofortigen Waffenstillstand der Parteien einzusetzen;
- konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um den Schutz der Zivilbevölkerung angesichts der wahllosen Angriffe Israels zu gewähren;
- den Schutz und die bedingungslose Freilassung der zivilen israelischen Geiseln, die von bewaffneten palästinensischen Gruppen gefangen genommen wurden,
- die israelischen Behörden aufzufordern, von jeder Form der kollektiven Bestrafung der Palästinenser im Gazastreifen abzusehen und die Blockade und Abriegelung des Gazastreifens unverzüglich aufzuheben;
- der UN-Resolutionen Geltung zu verschaffen und den vollständigen, sofortigen und bedingungslosen Rückzug aus den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten sowie die Verwirklichung des in der Resolution 194 der UN-Generalversammlung verankerten Rechts auf Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge zu fordern;
- die Ermittlungen des Anklägers des IStGH, Karim Khan, zur Lage in Palästina zu unterstützen und alle Parteien des israelisch-palästinensischen Konflikts proaktiv darüber zu informieren, dass die Ermittlungen zu internationalen Verbrechen in den von Israel seit 1967 besetzten Gebieten (d.h. im Gazastreifen und im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem) im Gange sind und alle fortbestehenden Verbrechen umfassen;
- Israel aufzufordern, die dem palästinensischen Volk aufgezwungene Politik der Kolonisierung, der Apartheid und der Annexion zu beenden.