Wir lassen uns nicht mundtot machen und kämpfen weiter gegen Polizeigewalt, gegen Rassismus, gegen Diskriminierung, gegen Residenzpflicht, gegen Faschisten, gegen Repression und Kriminalisierung von Aktivist-innen!!!
Kommt, schaut hin, fragt nach, macht mit, kämpft mit. Break the silense!!! OURY JALLOH DAS WAR MORD!!!!!!
Start : 13 Uhr am Hermannplatz( Berlin) Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Erklärung der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Nazis morden, der Staat schiebt ab…: Oury Jalloh und der Rechtsschutz
Nachdem sich drei Leute der Organisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) erschossen bzw. gestellt haben, gelangt an die Öffentlichkeit, dass diese u.a. für die Ermordung von neun Menschen verantwortlich waren, die nicht in das rassistische Weltbild der NSU-Mitglieder passten, und seit 1998 unbehelligt vom Verfassungsschutz agieren konnten. Zunehmend werden Namen von Nazis bekannt, die für den VS arbeiten (allein 30 von 200 NPD-Verbandsvorsitzenden), den Lohn für den Aufbau ihrer Strukturen verwenden und vereinzelt mit dem NSU und dessen Aktionen verbunden waren.
Nach den Ermordungen wurde 2005 eine Sonderkommission „Bosporus“ gegründet (gemeint war „die Türken-Mafia“), teilweise wurden die Angehörigen beschuldigt und Ermittlungen zu einem rechten Hintergrund ausgeschlossen. Dennoch ist jetzt quer durch das deutsche Spektrum von einem „Versagen“ der Behörden und von „Ermittlungspannen“ die Rede, statt die Praxis und Verbindung von rechtem Terror, staatlichen Institutionen und medialer Begleitung ernst zu nehmen.
Es ist absurd: Wo die staatliche Deckung von Angriffen auf das Leben von Migrant_innen auch für eine deutsche Öffentlichkeit offensichtlich wird, bemüht letztere sich zuallererst darum, einen derartigen Zusammenhang abzustreiten. Dass der Tod von Migrant_innen mit der deutschen Politik konform geht, kann nicht sein – zumindest wenn selbsternannte Nazis beteiligt waren. Dann waren „die“ (Nazis) es – und die Anderen (Polizei, Staatsschutz etc.) haben angeblich „ihren Job“ nicht gemacht, der ansonsten nicht der Rede wert ist.
Worin der besteht, ist uns u.a. aus der Geschichte von Oury Jalloh bekannt. Auch hier ist es für das deutsche Spektrum unvorstellbar, dass deutsche Polizist_innen einen Asylbewerber umbringen, und so bleibt es bei der bodenlosen Behauptung, er habe sich selbst angezündet. Diese wird nun mittlerweile in der zweiten Instanz in aller Ernsthaftigkeit zementiert und mit Hilfe der gleichen Sachverständigen, staatsanwaltlichen Anklage und Zeugen wie zuvor zur Wahrheit erklärt. Ermittlungen in andere Richtungen werden abgelehnt und entsprechende Aussagen per richterlichen Beschluss vom Gerichtssaal ausgeschlossen. Die Version der Anklage kam ganz ohne Ermittlungen zustande und alles, was vor dem Brand geschah, spielt keine Rolle: weder Festnahme, Einsperrung und Fixierung von Oury Jalloh noch die Ursache seines Todes. Ebenso wenig die Unterrichtung der Beamt_innen über die polizeiliche Version noch die Vernichtung von Beweismaterial. Die Kooperation der staatlichen Behörden zur Vertuschung der Ermordung von Oury Jalloh ist der deutschen Öffentlichkeit keinen Aufschrei wert: Was wäre wohl, wenn einer der ehemals Angeklagten als organisierter Nazi geoutet würde…
Dabei handelt sich bei diesem Prozess schon um eine Ausnahme: Werden Migrant_innen – denn die trifft es vorzugsweise – von deutschen Polizist_innen umgebracht, werden wie bei Dominique Koumadio, Mareame Sarr, Slieman Hamade u.a.m. die Ermittlungen gleich wieder eingestellt. Dann ist nicht vom „Versagen“ der staatlichen Organe die Rede, da der Vollzug des staatlichen Rassismus einwandfrei funktioniert. Die Einteilung, Klassifizierung und Behandlung der Menschen nach Herkunft, Hautfarbe und der kolonial hergestellten Weltordnung gilt als normal. Erst wenn Nazis als Täter_innen ausgemacht sind, ist von Rassismus die Rede und der Aufgabe, das Bild vom sauberen Verfassungsschutz wieder herzustellen.
Bis zur Entdeckung der NSU war es für die Medien kein Problem, angesichts der Mordserie von den „Döner-Morden“ zu reden: Deutlicher lässt sich die Verachtung für die türkischen, kurdischen und griechischen Opfer nicht ausdrücken. Ebenso wurden die Angehörigen von der Polizei unter Druck gesetzt, Verbindungen zum „kriminellen Milieu“ zuzugeben. Auch die Medien halluzinierten bis noch zu diesem Jahr „Banden aus den Bergen Anatoliens“, die „Drogen- und Wettmafia“ (Spiegel 2011 u.a.), das Netzwerk Ergenekon und „die schwer durchdringbare Parallelwelt der Türken“ (Hamburger Abendblatt 2006).
Äußerungen, die über Oury Jalloh und andere Schwarze üblich sind:
Er sei aggressiv gewesen, Drogenhändler und vorbestraft, nicht grundlos eingesperrt und habe sich selbst verletzt. Die Ermittlungen waren damit erledigt und quasi als Bauernopfer steht noch die Frage im Raum, ob der Dienstgruppenleiter rechtzeitig geholfen habe, ungeachtet der Frage, ob das überhaupt seine Absicht gewesen ist.
Welche Verbindungen und Einstellungen innerhalb der Polizei bestehen, soll nicht Gegenstand der Untersuchung sein – das habe nichts mit der Sache zu tun. Die Frage erübrigt sich für die deutsche Öffentlichkeit, angesichts der NSU, auch bisher bei den einzelnen Ämtern des VS, der beteiligten Polizei und ihren SoKos. Unvorstellbar ist für sie, dass sich Abteilungen darin ihre eigenen Paramilitärs halten, um neben der normalen Ausbeutung der kolonisierten Welt und dem Migrationsregime „Ausländer“ anzugreifen.
Nicht erst seit Rostock und Hoyerswerda gehört es zur offiziellen Politik, mit Verweis auf Nazis, die vor den offenen Augen der Polizei agieren, die Kriminalisierung von unerwünschten Ausländer_innen voranzutreiben. Doch diese Arbeitsteilung gibt es angeblich nur in Ländern wie Kolumbien, Türkei oder Togo, die vom Westen unterstützt werden, solange sie eine ihm genehme Politik fahren. Und die schon vom Dessauer Richter Steinhoff als „Bananenrepublik“ bezeichnet wurden, um sich von ihnen abzugrenzen. Wie die moderne und zivilisierte Relativierung und Förderung des Rassismus geht, erleben wir nun weiter im Magdeburger Gerichtssaal. Wir bleiben dran.
In Gedenken an: Oury Jalloh, Christy Schwundeck, Slieman Hamade, Dennis Jockel, Dominique Koumadio, Mareame Sarr, Laye Condé, Lamine Dieng, Maxwell Itoya, Aamir Ageeb, Marcus Omofuma, Joseph Ndukaku Chiakwa, Khaled Abuzarifeh, Samson Chukwu, Semira Adamu, Osamuyia Aikpitanhi, Joy Gardner, Richard Ibekwe, Seibane Wague, Achidi John, Mohammad Sillah, Halim Dener, u.v.m.