Am 1. März 2024 hat der mittelamerikanische Staat Nicaragua beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Begünstigung bzw. Beihilfe zum Völkermord, namentlich durch Israel im Gazastreifen, eingereicht. Die Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR) begrüßt und unterstützt dieses Unterfangen Nicaraguas ausdrücklich.
In der Anklageschrift wird argumentiert, dass Deutschland seine Pflicht, die Begehung eines Genozids zu verhindern, die sich aus der Völkermordkonvention, dem Genfer Abkommen von 1949 sowie aus den Grundnormen des humanitären Völkerrechts ableiten lässt, verletze. Konkret geschehe das laut Nicaragua durch die politische, finanzielle und militärische Unterstützung Israels durch Deutschland, sowie durch die Streichung deutscher Hilfsgelder für das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA). Zusätzlich zu der Anklage hat Nicaragua, ähnlich wie bereits Südafrika im Januar gegen Israel, einen Antrag auf Eilentscheidung und einstweilige Hilfsmaßnahmen gestellt – die Anhörung zur Anklage sollte demnach innerhalb der nächsten Wochen bereits stattfinden.
Noch kam aus deutschen Regierungskreisen keine offizielle Reaktion; ebenso still war es bisher in den deutschen Medien rund um das Thema. Dabei hat Nicaragua bereits angekündigt, auch weitere Staaten, z.B. Großbritannien, Kanada und die Niederlande, für ihre Unterstützung Israels vor Gericht zu bringen. Nach der Anklage Südafrikas gegen Israel und der bahnbrechenden Entscheidung des IGH im Januar, reiht sich auch die Klage Nicaraguas in ein auffallendes neues Muster ein: es sind nun vermehrt Staaten des Globalen Südens, die den Finger auf westliche Staaten richten und diese für ihre Übergriffe und Verbrechen vor die internationale Justiz bringen. Es lässt sich folglich vermuten, dass sich zukünftig die bisherige juristische Asymmetrie zwischen westlichen Mächten und Staaten des Globalen Südens zugunsten Letzterer ausbalanciert – und das Völkerrecht dadurch potenziell fairer wird.
Angesichts seiner aktuellen “bedingungslosen” Solidarität mit Israel fordert die Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR) die Bundesrepublik auf, sich einer weiteren Komplizenschaft in israelische Kriegsverbrechen gegen die palästinensische Bevölkerung zu verweigern und seinen Verpflichtungen aus der Völkerrechtskonventionen, namentlich der Verhinderung eines drohenden Genozids, voll und ganz nachzukommen.