Die internationalen Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch, Amnesty International und der Liga-Ausschuss Internationales Recht Palästina/Israel (IRPI) fordern unabhängige Untersuchungen zu den 140 Tötungen und tausenden Verletzungen von unbewaffneten Demonstranten durch die israelischen Streitkräfte am Zaun am Gaza-Streifen.
Seit dem 30. März 2018 sind israelische Kräfte wiederholt mit scharfer Munition gegen palästinensische Demonstrant*innen vorgegangen. Die Tötung und Verletzung der Menschen während der Proteste stellt einen schweren Bruch der internationalen Menschenrechte und der Verpflichtungen des Besatzers dar.
Etwaige Kriegsverbrechen können nach dem Weltrechtsprinzip vor nationalen Gerichten und ggf. nach den jeweiligen Statuten der internationalen Gerichte auch dort zur Anklage führen. Die Menschen in Gaza sind geschützte Personen im Sinne der Genfer Konventionen und dürfen nicht vom israelischen Militär angegriffen werden. Der Einsatz von Waffengewalt in einem bewaffneten Konflikt wird durch internationale Menschenrechtsstandards (siehe Basic Principles on the Use of Force and Firearms by Law Enforcement Officials) bestimmt. Diese sehen vor, dass scharfe Waffen nur dann eingesetzt werden dürfen, wenn eine unmittelbare Gefahr für Leib oder Leben besteht und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird. Human Rights Watch interviewte zahlreiche Zeugen zu den Tötungen und Verletzungen. Ihre Berichte, zusammen mit Fotos und Videos, legen eine strategische Vorgehensweise der israelischen Streitkräften nahe, die Menschen erschießen, obwohl sie keine unmittelbare Bedrohung für das Leib und Leben darstellten. Gegenüber der Washington Post erklärte ein hochrangiger israelischer Militärangehörige, dass ausschließlich scharfe Munition und Tränengas verwendet werde, jedoch keine Wasserwerfer oder andere Mittel. Fotos, Videos und Aussagen von Chirurgen belegen jedoch, dass israelische Streitkräfte auf Demonstranten mit militärischen Sturmgewehren geschossen haben, die Kugeln mit hoher Geschwindigkeit abfeuern.
Die UN Generalversammlung ist aufgefordert, Mittel zum Schutz der Palästinenserinnen zu beraten und ein UN-Mandat zu verabschieden, um sämtliche Verletzungen und Misshandlungen zu identifizieren und die Verantwortlichen israelischen Vertreter, die die widerrechtlichen Feuerbefehle erteilten, zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Umstände der jüngsten Tötungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer formalen Untersuchung durch den Internationalen Strafgerichtshof zur Situation in Palästina. Drittstaaten sollten Sanktionen einführen gegen staatliche Verantwortliche der fortwährenden gravierenden Menschenrechtsverletzungen gegen die palästinensische Bevölkerung.
IRPI fordert die deutsche Bundesregierung auf, sich auf internationaler Ebene für eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle einzusetzen, gegen die Verantwortlichen nach dem Völkerstrafgesetzbuch (§ 7 ff. VStGB) Strafverfahren einzuleiten und ein formelles Verfahren gegen die Verantwortlichen israelischen Vertreter vor dem Internationalen Strafgerichthof zu unterstützen.
Ausführlicher Bericht von Human Rights Watch: Israel: Apparent War Crimes in Gaza
Stellungnahme von Amnesty International: International Commission of Inquiry needed to ensure accountability for Israel’s deplorable use of excessive force in response to protests