Internationale Liga für Menschenrechte

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Pressemitteilung der FIDH zu den 2024 Europawahlen

Donnerstag, 25. Juli 2024

Europäisches Parlament muss bedrohte Demokratie verteidigen

Am 16. Juli 2024 hält das Europäische Parlament seine erste Plenarsitzung nach den Europawahlen im Juni 2024 ab, wobei eine noch nie dagewesene Anzahl rechtsextremer Abgeordneter für die Legislaturperiode 2024 bis 2029 gewählt wurde.

Die Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH) fordert alle neuen Mitglieder des Europäischen Parlaments auf, die Grundsätze der Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte sowie die Werte der Menschenwürde, der Toleranz, der Gleichheit, der Solidarität und der Achtung von Minderheiten entschlossen hochzuhalten.

Alle diese Werte sind in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EU) verankert und bilden den Grundstein, auf dem die Europäische Union aufgebaut ist. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments sollten sich dafür einsetzen, ihren Schutz und ihre Wirksamkeit zu gewährleisten und sie gegen Angriffe zu verteidigen.

Brüssel, Paris, 16. Juli 2024 – Rechtsextreme Parteien sitzen heute in fast einem Viertel der Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten. Ganz konkret bedeutet die extreme Rechte an der Macht eine Einschränkung der Rechte und Freiheiten für alle, insbesondere für die Schwächsten. Die Schwächung der demokratischen Gegenkräfte ist im Gange, was zu einem ernsthaften Angriff auf die Unabhängigkeit der Presse und zu wiederholten Versuchen führt, die juristischen Institutionen zu untergraben, die den Menschen Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Zivilgesellschaft ist bedroht und die Grundrechte und Freiheiten werden angegriffen. Die Aggressionen gegen die politischen, religiösen und Gewissensfreiheiten sowie gegen das Recht auf Vereinigung und friedliche Versammlung nehmen zu. Die sprachlichen Rechte, die sexuellen und reproduktiven Rechte der Frauen und das Recht auf eine gesunde Umwelt sind in Gefahr. Dies gilt in unterschiedlichem Maße sowohl für „illiberale“ Staaten als auch für konsolidierte Demokratien. Eine Schrumpfung des bürgerlichen, demokratischen Raums und ein in der Geschichte des vereinten Europas beispielloser Rückschritt bei der Rechtsstaatlichkeit können zu Ungerechtigkeit führen und die in den letzten 70 Jahren erzielten Fortschritte bei der Verwirklichung eines gemeinsamen Raums der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens zunichte machen.

„Der Aufstieg der extremen Rechten in Europa, wie auch anderswo in der Welt, ist alles andere als unvermeidlich. Wir müssen einen unermüdlichen, täglichen Kampf für unsere Freiheiten führen, für das Ideal der universellen Würde: der ‚Andere‘ verdient es, Rechte zu haben, denn er ist, sie ist mir ebenbürtig, zumal die Anerkennung dieser Tatsache mir keines meiner Rechte nimmt“, sagt Alexis Deswaef, Vizepräsident der FIDH. „Unermüdlich an dieses Grundprinzip zu erinnern, es zu verkünden und dafür zu kämpfen, ist das eigentliche Wesen der Menschenrechte. Alle Menschen sind frei und gleich an Rechten und Würde geboren. Die extreme Rechte ist die Verneinung dieses Gedankens.“

Der radikale Populismus wird durch tiefe soziale Frustrationen genährt, die aus einer Zeit großer politischer und wirtschaftlicher Instabilität und einem wachsenden Misstrauen in die öffentlichen Institutionen resultieren. Weit davon entfernt, eine angemessene Antwort auf solche legitimen Frustrationen zu bieten, stellt der Aufstieg der extremen Rechten eine fatale Bedrohung für die Rechte und die Demokratie dar, insbesondere für die Grundsätze der Gerechtigkeit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Solidarität, die von solchen politischen Kräften geradezu konterkariert werden.

Angesichts einer weit verbreiteten politischen, sozialen und ökologischen Notlage fordert die FIDH die neu gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments, die anderen EU-Institutionen, die Zivilgesellschaft und die Menschen in der EU auf, zusammenzustehen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um die Menschenrechte und die demokratischen Grundsätze gegen diejenigen zu verteidigen, die sie zu zerstören drohen, in Europa und außerhalb.

Zum Originaltext der Pressemitteilung: https://www.fidh.org/fr/regions/europe-asie-centrale/european-parliament-must-defend-democracy-under-threat