Bremen/Berlin, 31. Mai 2007 (Original-Pressemitteilung als PDF-Dokument)
Vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm
„Internationale Liga für Menschenrechte“ hält Ausnahmezustand und maßlose Sicherheitsmaßnahmen für grundrechts- und demokratiewidrig – Regierungen und Sicherheitsbehörden müssen endlich dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit und ihrer Deeskalationspflicht gerecht werden!
Liga-Präsident Rolf Gössner:
„Die Präventions- und Repressionsmaßnahmen im Vorfeld des G-8-Gipfels spotten jeder Verhältnismäßigkeit. Sie sind Ausfluss von Sicherheitshysterie und Angstpolitik. Ein demokratischer Rechtsstaat verträgt keine grundrechts- und demokratiefreien Zonen, wie sie in Heiligendamm unter Aussperrung der Zivilbevölkerung und unter Ausgrenzung des demokratischen Protestes eingerichtet wurden.“
Im Vorfeld des G8-Gipfels und der berechtigten demokratischen Proteste dagegen fordert die Liga, dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit die Bedeutung einzuräumen, die ihr nach Verfassung und internationalen Menschenrechtskonventionen gebührt. „Die angewandten Instrumente des Ausnahmezustands, mit denen Gipfelgegner pauschal unter Gewaltverdacht gestellt und in Terrorismusnähe gerückt werden, vertragen sich nicht mit den Grundrechten auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit“, so Liga-Präsident Dr. Rolf Gössner heute in Bremen: „Die Bundesregierung muss endlich ihr verbales Bekenntnis zur Versammlungsfreiheit praktisch einlösen und die Proteste auch in Hör- und Sichtweite des Gipfels zulassen.
Die bisherigen Maßnahmen kilometerlanger Absperrzaun und Stacheldraht, Bannmeilen und weiträumige Versammlungsverbote, wandernde Polizeikessel und martialisches Auftreten der Polizei wie in Hamburg sind mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und der Pflicht zur Deeskalation nicht vereinbar. Es liegt wieder einmal an den Gerichten, den Behörden verfassungsrechtliche Grenzen ihrer überzogenen und versammlungsfeindlichen Maßnahmen aufzuzeigen.
Nach Verfassung und Rechtsprechung sind staatliche Sicherheitsbehörden prinzipiell gehalten, „versammlungsfreundlich“ und differenzierend zu verfahren, Provokationen, übermäßige Reaktionen und Aggressionsanreize zu vermeiden, besonnene Zurückhaltung zu üben und ggfls. auch polizeifreie Räume zu schaffen. So fordert es der „Brokdorf-Beschluss“ des Bundesverfassungsgerichts, an den die Liga in diesem Zusammenhang erinnert. Rolf Gössner: „Die Polizei muss, um ihrer Deeskalationspflicht zu genügen, mit einem Minimum an Gewalt und einem Maximum an Selbstbeherrschung und kommunikativer Konfliktbewältigungskompetenz handeln.“ Die grundsätzliche Kooperationspflicht, die auch für die Demo-Veranstalter gilt, müsse dazu führen, dass vor grundrechtsbeschränkenden Maßnahmen sämtliche Kooperationsmöglichkeiten ausgeschöpft werden.
Die zahlreichen Razzien, mit denen Globalisierungskritiker unter Terrorismusverdacht gestellt wurden, die groß angelegten Postkontrollen in Hamburg sowie die makabere Aufnahme von Geruchsproben zur Identifizierung von verdächtigen Gipfelgegnern verstoßen nach Auffassung der Liga weitgehend gegen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit. „Die Praxis der Geruchsproben riecht stark nach Stasi-Methode“, konstatiert Rolf Gössner: „Die Einmachgläser mit den Geruchsproben von Dissidenten sind noch als abschreckende Ausstellungsstücke eines übergriffigen Staatsapparates im MfS-Museum zu bestaunen. Wer heute Geruchsproben von Verdächtigen zur Identifizierung durch speziell abgerichtete Schnüffelhunde verwendet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, perfide Stasi-Methoden anzuwenden.“
Kontakt heute, 31.05.2007 ab 16 Uhr:
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