Internationale Liga für Menschenrechte

Internetpräsenz der Internationalen Liga für Menschenrechte

Die Internationale Liga für Menschenrechte unterstützt die Forderungen internationaler Menschenrechtsorganisationen zur aktuellen Verfolgung kurdischer Aktivitäten in der Türkei – sowie kurdischer Rechtshilfe Organisationen in Deutschland zur Beendigung der Verfolgung kurdischer Aktivitäten.

Die Internationale Liga für Menschenrechte verurteilt die Verhaftungen von mindestens 128 kurdischen Journalist*innen, Anwält*innen und Parteifunktionär*innen am 25. April 2023, 19 Tage vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei. Wir schließen uns der Analyse und den Forderungen der 18 internationalen Menschenrechtsorganisationen, darunter Human Rights Watch, an: 

“Wir bekräftigen die Notwendigkeit eines freien und pluralistischen Medienklimas im Vorfeld der Wahlen, die am 14. Mai 2023 gehalten werden. […] Wir rufen die [türkischen] Behörden dazu auf, den verhafteten Journalist*innen, Anwält*innen und politischen Aktivist*innen unverzüglich Zugang zu Rechtsbeistand zu gewähren und vollständige Einzelheiten zu etwaigen Anklagepunkten offenzulegen. Mangels jeglicher glaubwürdiger Beweise für Fehlverhalten sollten sie umgehend aus der Haft entlassen werden.”

Die Großrazzia war unter dem Vorwand eingeleitet worden, die Angeklagten hätten die von den türkischen Behörden als terroristisch eingestufte “Arbeiterpartei Kurdistans” (PKK) unterstützt. Es wurden gezielt kurdische Journalist*innen, Anwält*innen, Künstler*innen, Menschenrechtler*innen, und politische Aktivist*innen in 20 verschiedenen türkischen Provinzen festgenommen, ein “weiterer Schritt in der systematischen Schikanierung und Einschüchterung der kurdischen Medien und der politischen Opposition im Land.” Gegen die oppositionelle “Demokratischen Partei der Völker” (HDP) läuft seit 2021 ein Verbotsverfahren unter dem Vorwurf, es handele sich bei der progressiven, kurdischen Partei um ein “Zentrum […] der terroristischen Organisation” PKK, so Amnesty International. Diese und viele weitere Angriffe auf die kurdische Minderheit in der Türkei beweisen das gezielte Vorgehen der Behörden gegen politische Oppositionelle und Regimekritiker*innen.

Wir rufen die türkischen Behörden dazu auf, die Menschenrechte der Meinungs- und Pressefreiheit, des Rechts auf ein faires Verfahren und auf Rechtsbeistand zu ermöglichen, und appellieren an die gesamte internationale Gemeinschaft, Das völkerrechtlich anerkannte Selbstbestimmungsrecht der Kurd*innen anzuerkennen und zu unterstützen.

Bei der Gelegenheit halten wir es für notwendig, auch auf die anhaltende Verfolgung kurdischer Aktivisten in Deutschland als terroristische hinzuweisen, die durch das PKK – Verbot gekennzeichnet ist. Dazu zitieren wir aus einer aktuellen Pressemitteilung des kurdischen Rechtshilfe-Vereins Azadi e.V. vom 28.4.2023:

Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden. 

In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. Nach unserer Kenntnis sind nach aktuellem Stand 65 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen; dreizehn  Kurden, darunter eine Aktivistin, befinden sich derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.

Quellen:

https://www.kurdistan24.net/en/story/31292-Turkey-should-stop-pre-election-crackdown-on-Kurds:-international-organizations

https://www.hrw.org/news/2023/04/25/turkey-pre-election-crackdown-kurds

https://taz.de/Tuerkei-vor-den-Wahlen/!5930731/

https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/tuerkei-wahlen-oppositionspartei-hdp-droht-verbot

https://www.nadir.org/nadir/initiativ/azadi/presse/2023/230428.html

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