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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Aufhebung der Immunität von HDP-Abgeordneten des türkischen Parlaments verstößt gegen Menschenrechte

Am Dienstag, den 1. Februar 2022, fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Urteil zum Fall von vierzig HDP-Abgeordneten, deren politische Immunität durch eine Verfassungsänderung vom 20. Mai 2016 ohne Einzelfallprüfung aufgehoben worden war. Nach der Aufhebung der Immunität wurden Strafverfahren gegen die Abgeordneten eingeleitet und für 14 von ihnen Untersuchungshaft angeordnet.

Der Gerichtshof entschied, dass die Aufhebung der Abgeordnetenimmunität das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit unter Verstoß gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt.

In seinem Urteil verwies das Gericht auf zwei frühere Fälle, in denen die politische Immunität durch diese Verfassungsänderung aufgehoben worden war: Im Fall von Selahattin Demirtaş, für den das Gericht die sofortige Freilassung bis Ende 2020 gefordert hatte, und im Fall von Filiz Kerestecioğlu Demir. Für Mahsuni Karaman, den Anwalt von Selahattin Demirtaş, bedeutet dieses Urteil, dass alle inhaftierten HDP-Abgeordneten, einschließlich der ehemaligen Ko-Vorsitzenden Demirtaş und Figen Yüksekdağ, freigelassen werden sollten. Unsere Ko-Vorsitzende Mithat Sancar kommentiert: „Der EGMR hat die Aufhebung der Immunität als rechtswidrig und als politische Diskriminierung bezeichnet. Diese Regierung verstößt gegen die Verfassung.“

Wir möchten betonen, dass die türkische Regierung sich geweigert hat, die letzten EGMR-Urteile in den Fällen von Osman Kavala und Selahattin Demirtaş gegen die Türkei umzusetzen. Als Mitglied des Europarats ist die Türkei rechtlich verpflichtet, den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Folge zu leisten.

Feleknas Uca & Hişyar Özsoy (FIDH)

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