Internationale Liga für Menschenrechte

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Internationale Liga für Menschenrechte fordert Ausgestaltung und Durchsetzung eines universellen, bedingungslosen Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung

Erklärung
anlässlich des Internationalen Tages der Kriegsdienstverweigerung
am 15. Mai 2017

Die in den letzten Monaten wiederholt geäußerte Forderung nach Wiederbelebung der bis heute nur ausgesetzten Wehrpflicht – zunächst durch einen Reservistenverband und zuletzt durch den CDU-Bundestagsabgeordneten Patrick Sensburg – gibt berechtigten Anlass zur Sorge. Im Falle einer Wiederbelebung der Wehrpflicht bestünde nur die eingeschränkte Möglichkeit der Wehrdienstverweigerung aus Gewissens- und Glaubensgründen. Die Internationale Liga für Menschenrechte hält dieses bestehende Verweigerungsrecht aus menschenrechtspolitischer Sicht für unzureichend und fordert deshalb die Ausgestaltung und Durchsetzung eines universellen, bedingungslosen Menschenrechts auf Kriegsdienst­verweigerung, auf das sich alle Betroffenen berufen können.

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, wie es in einigen Staaten gesetzlich verankert ist und von den Vereinten Nationen und der Europäischen Menschenrechtskonvention als Grund- und Bürgerrecht verbrieft wird, ist bisher auf die Verweigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen beschränkt. Es ist also notwendigerweise ein Ausnahmerecht für Menschen mit einer bestimmten Motivation, Gesinnung oder einem bestimmten Persön­lichkeitsbild. Damit ist die Verweigerung aus Gewissensgründen weit davon entfernt, ein Menschenrecht zu sein, das allen Menschen ohne Diskriminierung etwa nach Persönlich­keitsmerkmalen, Überzeugungen oder Glauben zusteht. Kriegsdienstverweigerung aus­schließlich aus Gewissensgründen führt sowohl konzeptionell als auch in der Praxis zwangsläufig zu Menschenrechtsverletzungen: Zwangsmusterungen, Gewissensprüfungen, Zwangsersatz­dienst im Fall der Anerkennung, Militärdienstzwang oder Haft für nicht anerkannte Verweigerer sowie Diskriminierung nicht-religiöser Verweigerer. Dies gilt jedenfalls, soweit Wehrpflicht besteht, die in der Bundesrepublik seit 2011 nur ausgesetzt ist.

Ein Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung, das sich von den Menschen- und Bürgerrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit ableitet, kann nicht das Vorliegen zu überprüfender Gewissensgründe voraussetzen, sondern basiert auf dem klar geäußerten Willen der Betroffenen, auf deren Persönlichkeitsrechten und Handlungsfreiheit. Kriegsdienst­verweigerung als Ausnahmerecht für einige impliziert demgegenüber, dass alle anderen, die die Voraussetzungen (Gewissensgründe/-prüfung) nicht erfüllen, zum Militär gehen müssen. Das verstößt gegen die genannten Grund- und Freiheitsrechte der Betroffenen und ist aus friedenspolitischer Sicht auch kontraproduktiv.

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in der Ausgestaltung als universelles, bedingungsloses Menschenrecht für alle Betroffenen und jenseits einer Gewissensfrage und -überprüfung ist sowohl aus menschenrechtlicher als auch aus friedenspolitischer Sicht geboten. Es ist als ein übergeordnetes Recht zu verstehen und soll das bestehende Recht zur Kriegsdienstverweigerung erweitern.

Unabhängig davon ist und bleibt die vom Menschenrecht auf Gewissens- und Glaubensfreiheit abgeleitete Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen ein wichtiges und international anerkanntes Recht, auch in Fällen der Kriegsdienstverweigerung von Berufssoldaten und Berufssoldatinnen, aber auch jenseits des rein militärischen Bereichs. In Staaten, in denen eine solche Kriegsdienstverweigerung nicht wirksam garantiert wird, sind Kriegsdienstverweigerer und Desertierende unter internationalen Rechtsschutz zu stellen, fordert die Liga.

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Wolfram Beyer: Wolfram.Beyer@ILMR.de