Pressemitteilung 06. Juni 2014 Download PDF
Generalbundesanwalt misst mit seiner halbherzigen Kompromiss-Entscheidung mit zweierlei Maß – Liga fordert unverzügliche Einleitung offizieller Strafermittlungen in Sachen Totalausforschung der Bevölkerung
Generalbundesanwalt (GBA) Harald Range hat nun ein förmliches Strafermittlungsverfahren gegen unbekannte Angehörige US-amerikanischer Geheimdienste wegen der Ausspähung des Handys von Kanzlerin Merkel eingeleitet – nach Auffassung der Liga eine überfällige, aber halbherzige Entscheidung, die an der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz zweifeln lässt. Denn auf ein Strafermittlungsverfahren wegen der ungleich schwerer wiegenden massenhaften Datenausspähung von Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik verzichtet er – weil es hierfür angeblich „keine zureichenden Tatsachen für konkrete … verfolgbare Straftaten“ gebe. Insoweit behalte er sich jedoch die Einleitung von Ermittlungen vor, falls neue Erkenntnisse dies zuließen.
Der oberste bundesdeutsche Ankläger schreckt also weiterhin vor einer konsequenten strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen im NSA-Massenüberwachungskomplex zurück – nach nunmehr einem Jahr seit Bekanntwerden dieser „größten verdachtsunabhängigen Überwachung in der Geschichte der Menschheit“ (Edward Snowden) und nach den seither in Serie enthüllten Geheimdienstskandalen mit Beteiligung bundesdeutscher Dienste. Trotz unabweisbarer Belastungszeugen und umfassend belastender Dokumente hier immer noch einen Anfangsverdacht zu verneinen, ist unseres Erachtens Ausdruck von Realitätsverleugnung.
Von dieser GBA-Entscheidung ist auch die Strafanzeige betroffen, welche die Internationale Liga für Menschenrechte zusammen mit dem ChaosComputerClub und Digitalcourage im Februar beim GBA gegen Geheimdienste und Bundesregierung erstattete, u.a. wegen Verstrickung bundesdeutscher Geheimdienste in den NSA-Überwachungsskandal, wegen Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs sowie unterlassener Abwehr- und Schutzmaßnahmen durch die Bundesregierung. Dieser Strafanzeige haben sich inzwischen weitere Organisationen und fast dreitausend Menschen angeschlossen (vgl. Liga-Pressemitteilung 7.03.14).
Dazu Vizepräsident Rolf Gössner, der zu den Miterstattern der Strafanzeige gehört: „Mit dieser halbherzigen Kompromissentscheidung des Generalbundesanwalts setzen sich Unwillen, Ignoranz und Willfährigkeit der Bundesregierung in Sachen NSA, GCHQ, BND & Co. fort bis hinein in die Bundesanwaltschaft, wo offenbar widerstreitende Interessen die Entscheidung verzögerten. Nachdem es die Bundesregierung bis heute entgegen ihrem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag sträflich unterlassen hat, Bundesbürger und von Wirtschaftsspionage betroffene Unternehmen vor den geheimdienstlichen Attacken zu schützen, ist nun offenbar auch von Seiten der Justiz insoweit kein Straf- und Grundrechtsschutz zu erwarten.“
Es handelt sich ganz offensichtlich um eine politisch motivierte Kompromissentscheidung auf der Linie der Bundesregierung, die erst empört reagierte, als bekannt wurde, dass die NSA schon jahrelang ein Mobiltelefon der Kanzlerin gezielt abhört (‚Abhören von Freunden, das geht gar nicht’). Nicht die massenhafte Ausspähung der Bevölkerung, nicht die Sorge um deren Schutz, sondern erst dieser unfreundliche Spionage-Angriff auf das Handy der Kanzlerin führte endlich zu schärferen Reaktionen gegenüber den Auftraggebern im Weißen Haus.
Der Liga-Vorstand hält die Nichteinleitung von Strafermittlungen für „eine Kapitulation des Rechtsstaats vor staatlichem Unrecht. Sollte es bei dieser Entscheidung bleiben, wären Grundrechte und Privatsphäre bundesdeutscher BürgerInnen weiterhin ohne Schutz. Die demokratisch nicht kontrollierbaren Geheimdienste könnten weitermachen wie bisher und sich jeder Verantwortung entziehen. Gute Nacht, Rechtsstaat. So kann und darf es nicht weitergehen.“
Deshalb wird die Liga zusammen mit dem ChaosComputerClub und Digitalcourage mit weiteren rechtlichen Schritten versuchen, so Liga-Präsidentin Fanny-Michaela Reisin, „doch noch gründliche Ermittlungen zu erzwingen – und sei es auf der Ebene des europäischen Menschenrechtsschutzes. Dies erwarten nicht nur die ErstatterInnen der Strafanzeige, dies verlangen unzählige Bürger und Bürgerinnen in Deutschland. Einen weiteren Kotau vor der US-Administration aus Rücksicht auf die enge deutsch-amerikanische Geheimdienst-Kooperation darf es jedenfalls nicht geben.“
Internationale Liga für Menschenrechte und Digitalcourage
haben zu dem brisanten Thema NSA & Co. eine Broschüre herausgebracht, in der auch die Strafanzeige gegen Bundesregierung und Geheimdienste dokumentiert ist:
SPIONAGE ADÉ
Massenüberwachung und globale Datenspionage:
Wir erstatten Strafanzeige gegen Bundesregierung und Geheimdienste
(Verlag Art d’Ameublement, Bielefeld; ISBN 978-3-934636-14-9; 150 Seiten, 8 €).
(siehe dazu detaillierte Inhaltsangabe im Anhang):
- Analyse von Rolf Gössner: „Informationskrieg der Geheimdienste.
Feindliche Angriffe gegen die Bevölkerung“ - Forderungskatalog der Herausgeber Liga/Digitalcourgage
- Wortlaut der Strafanzeige vom 3.02.2014
- ausgewählte Reaktionen/Medienecho.
Bezug der Broschüre „Spionage adé“ per Online-Bestellung:
https://shop.digitalcourage.de/broschuere-spionage-ade.html
Oder über folgende Bestelladressen:
Internationale Liga für Menschenrechte im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin (Tel. 030-3962122 | Fax 030-3962147.
Mail: vorstand@ilmr.de – Internet: www.ilmr.de)
Digitalcourage e.V., Markstr. 18, 33602 Bielefeld (Tel. 0521-16391639; Fax 0521-61172; mail@digitalcourage.de , Internet: https://digitalcourage.de
—-
Liga begrüßt überfällige Ermittlungen wegen Lauschangriffs auf die Kanzlerin, hält aber Verzicht auf Strafermittlungen in Sachen Totalausforschung
der Bevölkerung für ein Handeln mit zweierlei Maß.
Generalbundesanwalt (GBA) Harald Range hat nun ein förmliches Strafermittlungsverfahren gegen unbekannte Angehörige US-amerikanischer Geheimdienste wegen der Ausspähung des Handys von Kanzlerin Merkel eingeleitet – nach Auffassung der Liga eine überfällige, aber halbherzige Entscheidung, die an der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz zweifeln lässt. Denn auf ein Strafermittlungsverfahren wegen der ungleich schwerer wiegenden massenhaften Datenausspähung von Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik verzichtet er – weil es hierfür angeblich „keine zureichenden Tatsachen für konkrete … verfolgbare Straftaten“ gebe. Insoweit behalte er sich jedoch die Einleitung von Ermittlungen vor, falls neue Erkenntnisse dies zuließen.
Der oberste bundesdeutsche Ankläger schreckt also weiterhin vor einer konsequenten strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen im NSA-Massenüberwachungskomplex zurück – nach nunmehr einem Jahr seit Bekanntwerden dieser „größten verdachtsunabhängigen Überwachung in der Geschichte der Menschheit“ (Edward Snowden) und nach den seither in Serie enthüllten Geheimdienstskandalen mit Beteiligung bundesdeutscher Dienste. Trotz unabweisbarer Belastungszeugen und umfassend belastender Dokumente hier immer noch einen Anfangsverdacht zu verneinen, grenzt unseres Erachtens an Realitätsverleugnung.
Von dieser GBA-Entscheidung ist auch die Strafanzeige betroffen, welche die Internationale Liga für Menschenrechte zusammen mit dem ChaosComputerClub und Digitalcourage im Februar beim GBA gegen Geheimdienste und Bundesregierung erstatteten, u.a. wegen Verstrickung bundesdeutscher Geheimdienste in den NSA-Überwachungsskandal, wegen Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs sowie unterlassener Abwehr- und Schutzmaßnahmen durch die Bundesregierung. Dieser Strafanzeige haben sich inzwischen weitere Organisationen und fast dreitausend Menschen angeschlossen (vgl. Liga-Pressemitteilung 7.03.14).
Dazu Vizepräsident Rolf Gössner, der zu den Miterstattern der Strafanzeige gehört: „Mit dieser halbherzigen Kompromissentscheidung des Generalbundesanwalts setzen sich Unwillen, Ignoranz und Willfährigkeit der Bundesregierung in Sachen NSA, GCHQ, BND & Co. fort bis hinein in die Bundesanwaltschaft, wo offenbar widerstreitende Interessen die Entscheidung verzögerten. Nachdem es die Bundesregierung bis heute entgegen ihrem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag sträflich unterlassen hat, Bundesbürger und von Wirtschaftsspionage betroffene Unternehmen vor den geheimdienstlichen Attacken zu schützen, ist nun offenbar auch von Seiten der Justiz insoweit kein Straf- und Grundrechtsschutz zu erwarten.“
Es handelt sich ganz offensichtlich um eine politisch motivierte Kompromissentscheidung auf der Linie der Bundesregierung, die erst empört reagierte, als bekannt wurde, dass die NSA schon jahrelang ein Mobiltelefon der Kanzlerin gezielt abhört (‚Abhören von Freunden, das geht gar nicht’). Nicht die massenhafte Ausspähung der Bevölkerung, nicht die Sorge um deren Schutz, sondern erst dieser unfreundliche Spionage-Angriff auf das Handy der Kanzlerin führte endlich zu schärferen Reaktionen gegenüber den Auftraggebern im Weißen Haus.
Der Liga-Vorstand hält die Nichteinleitung von Strafermittlungen für „eine Kapitulation des Rechtsstaats vor staatlichem Unrecht. Sollte es bei dieser Entscheidung bleiben, wären Grundrechte und Privatsphäre bundesdeutscher BürgerInnen weiterhin ohne Schutz. Die demokratisch nicht kontrollierbaren Geheimdienste könnten weitermachen wie bisher und sich jeder Verantwortung entziehen. Gute Nacht, Rechtsstaat. So kann und darf es nicht weitergehen.“
Deshalb wird die Liga zusammen mit dem ChaosComputerClub und Digitalcourage mit weiteren rechtlichen Schritten versuchen, so Liga-Präsidentin Fanny-Michaela Reisin, „doch noch gründliche Ermittlungen zu erzwingen – und sei es auf der Ebene des europäischen Menschenrechtsschutzes. Dies erwarten nicht nur die ErstatterInnen der Strafanzeige, dies verlangen unzählige Bürger und Bürgerinnen in Deutschland. Einen weiteren Kotau vor der US-Administration aus Rücksicht auf die enge deutsch-amerikanische Geheimdienst-Kooperation darf es jedenfalls nicht geben.“
Internationale Liga für Menschenrechte und Digitalcourage
haben zu dem brisanten Thema NSA & Co. eine Broschüre herausgebracht, in der auch die Strafanzeige gegen Bundesregierung und Geheimdienste dokumentiert ist:
SPIONAGE ADÉ
Massenüberwachung und globale Datenspionage:
Wir erstatten Strafanzeige gegen Bundesregierung und Geheimdienste
(Verlag Art d’Ameublement, Bielefeld; ISBN 978-3-934636-14-9; 150 Seiten, 8 €).
(siehe dazu detaillierte Inhaltsangabe im Anhang):
- Analyse von Rolf Gössner: „Informationskrieg der Geheimdienste.
Feindliche Angriffe gegen die Bevölkerung“ - Forderungskatalog der Herausgeber Liga/Digitalcourgage
- Wortlaut der Strafanzeige vom 3.02.2014
- ausgewählte Reaktionen/Medienecho.
Bezug der Broschüre „Spionage adé“ per Online-Bestellung:
https://shop.digitalcourage.de/broschuere-spionage-ade.html
Oder über folgende Bestelladressen:
Internationale Liga für Menschenrechte im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin (Tel. 030-3962122 | Fax 030-3962147.
Mail: vorstand@ilmr.de – Internet: www.ilmr.de)
Digitalcourage e.V., Markstr. 18, 33602 Bielefeld (Tel. 0521-16391639; Fax 0521-61172; mail@digitalcourage.de , Internet: https://digitalcourage.de
Pingback: Froschs Blog: » Im Netz aufgefischt #165
Pingback: Weltfinanzsystem = Betrugssystem – astrologisch gesehen! | DPT Gerhard Schneider
Pingback: Kapitulation des Rechtsstaats? | is-nix