Internationale Liga für Menschenrechte

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Pressemitteilung – Längst fälliger Freispruch der tunesischen Lebensretter

Pressemitteilung 21.09.2011

Längst fälliger Freispruch der tunesischen Lebensretter von 44 Flüchtlingen

Die Internationale Liga für Menschenrechte begrüßt den Freispruch der beiden tunesischen Fischerkapitäne Abdelbasset Zenzeri und Abdelkarim Bayoudh durch das sizilianische Berufungsgericht in Palermo heute am 21. September 2011.

Die Crew der von ihnen gesteuerten Fischerboote hatte unter ihrem Kommando im August 2007 vor Lampedusa 44 in Seenot geratenen Flüchtlingen das Leben gerettet. Für ihre Zivilcourage wurden sie in Italien mehrmonatiger Haft und wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“ einem zermürbenden zweijährigen Verfahren vor dem Gericht in Agrigento (Sizilien) ausgesetzt. Die Konfiszierung ihrer Fischerboote durch die italienische und die Verhängung eines vollständigen Fischereiverbots durch die seinerzeitige tunesische Regierung gefährdeten zudem ihre ökonomische Existenz. Im November 2009 wurden am Ende des erstinstanzlichen Verfahrens zwar alle Beteiligten von der vorgeblichen Straftat der Beihilfe zur illegalen Einreise von Asylsuchenden freigesprochen, die beiden Fi-scherkapitäne Zenzeri und Bayoudth jedoch wegen Widerstands gegen ein Kriegsschiff zu zweiein-halb Jahren Haft verurteilt.

Im Dezember desselben Jahres wurden Abdelbasset Zenzeri und Abdelkarim Bayoudh zu Co-Trägern der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2009, mit der Kapitän Stefan Schmidt ausgezeichnet worden war. Dieser hatte 2004 mit der Crew der von ihm auf dem Mittelmeer gesteuerten Kap Anamur 37 in Seenot geratenen Flüchtlingen das Leben gerettet und war am Ende eines fünf Jahre dauernden Verfahrens im Dezember 2009 vor dem Gericht in Agrigento freigesprochen worden. Die ihm für seine Zivilcourage verliehene Carl-von-Ossietzky-Medaille teilte er mit den beiden tunesischen Fischerkapitänen.

Heute endlich sprach das Berufungsgericht auch die tunesischen Fischer von allen Vorwürfen frei. Die Tat der Seenotrettung sei – so die Begründung – kein Straftatbestand, sondern eine Pflicht.

In ihrer Stellungnahme zum Freispruch sagte Ligapräsidentin Fanny-Michaela Reisin u. a.:

„… Unsere Freude über den längst fälligen, uneingeschränkten Freispruch lässt uns nicht vergessen, dass die vielfältigen Belastungen die Fischerkapitäne ökonomisch und psychisch nachhaltig geschädigt haben. Ein solch unwürdiges Abschreckungsmanöver kann nicht hin-genommen werden.

Die Liga fordert daher für die Fischerkapitäne Zenzeri und Bayoudh, für die übrigen an der Rettungsaktion beteiligten tunesischen Fischer und ebenso für Kapitän Stefan Schmidt und die Crew der Kap Anamur:

• Vollständige Rehabilitation und Würdigung ihres mutigen Einsatzes zur Rettung von Menschenleben in Einhaltung des alt bewährten humanitären Seerechts!

• Volle Entschädigung aller ökonomischen Verluste und Belastungen!“

 

 

weiter Informationen:

http://www.sos-mittelmeer.de