Nach der Präsidentschaftswahl in der Islamischen Republik am 12. Juni 2009 und der Bekanntgabe der Wahlergebnisse werfen die Menschen dem Regime der Islamischen Republik Iran Wahlbetrug vor. Es kam in Teheran und in anderen Großstädten zu heftigen Protesten und blutigen Auseinandersetzungen. Nach Angaben der iranischen Behörden sind 170 Menschen festgenommen worden. Genaue Zahlen kennt bisher niemand. Auch die Zahl der von der Regierung bestätigten Toten ist nach inoffiziellen Berichten weit höher.
Der heftige Protest der jungen Menschen im Iran, den die Machthaber versuchen brutal niederzuschlagen, geht weiter. Die Teheraner Polizei setzt Schlagstöcke und Tränengas gegen die Demonstranten ein. Unterstützt wird die Polizei dabei von Geheimdienstlern in Zivil und den Basidsch-Milizen, die von Motorrädern aus mit Schlagstöcken auf Demonstranten einschlagen. Die Menschen rufen wieder und wieder „Die Wahl ist annulliert“, „Ahmadinedschad ist ein Diktator“, „Wo ist meine Stimme“, „Nieder mit dem Regime der Demagogen“, „Nieder mit der Diktatur“.
Präsidentschaftswahlen in der Islamischen Republik Iran sind generell nicht demokratisch. Politisch Andersdenkende, Frauen, Andersgläubige sind grundsätzlich als Kandidaten ausgeschlossen Der Wächterrat1 hatte vorab nur vier von mehr als 475 Kandidaten für die diesjährige Präsidentschaftswahlen bestätigt. Diese bestätigten Kandidaten gehören alle zu den hochrangigen Machthabern, zu Spitzenvertretern der politischen Klasse und waren als einzige zur Wahl zugelassen ein Prozedere, das der Verfassung der Islamischen Republik Iran entspricht.
Der konservative Reformer Mussawi, der von 1981-1988 Ministerpräsident in der Regierung Chomeinis war und sich heute noch als Verfechter seiner Ideen bezeichnet, sprach von „Lug und Trug“, warnte vor „Tyrannei“ und sagte, er werde sich dieser „gefährlichen Inszenierung“ nicht beugen. Mussawi, wichtigster Rivale Ahmadinedschad hat seine Anhänger aufgerufen, Ruhe zu bewahren und sie aufgefordert; sich von den „Unruhestiftern“ zu distanzieren. Das gesamte Regime befürchtet offensichtlich die verlorene Kontrolle nicht wieder herstellen zu können.
Ahmadinedschad bezeichnete die hohe Wahlbeteiligung der Bevölkerung als eine Niederlage für die USA und ihre Verbündeten und warf den ausländischen Journalisten „psychologische Kriegsführung“ gegen Iran vor. Die Medien sind derzeit unter noch strengerer Zensur als schon seit Jahrzehnten. Viele informative Webseiten, Facebook und Youtube sind z.T. nicht zugänglich. Sogar den ausländischen Journalisten wurde die Beschlagnahme ihrer Kameras und Fotoapparate angedroht, falls sie auf den Straßen der Stadt gesehen werden. (Stellvertretend für alle Betroffenen sei hier ein Journalist des italienischen Senders RAI genannt.) Teilweise war das Senden von SMS nicht möglich, das Handynetz funktionierte nicht mehr.
Nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse durch Khamenei begannen die Proteste. In Teheran und mehreren Städten herrschte der Ausnahmezustand. Am 15.Juni wurden protestierende StudentInnen der Teheraner Universität in ihrem Wohnheim beschossen und verhaftet. Fünf von ihnen, Fatemeh Barati, Kassra Schaghi, Mobina Ehterani, Kambiz Schoa`i und Mohssen Imani wurden bei dieser Aktion getötet. Auch an anderen Universitäten, z.B. in Schiraz, Isfahan und Täbriz, gab es Überfälle auf die StudentInnen, und auch hier Festnahmen und Verletzte.
Die Internationale Liga für Menschenrechte verurteilt auf schärfste das brutale Vorgehen der iranischen Polizei und Basidji-Milizen gegenüber den Demonstranten und fordert die Freilassung aller Festgenommenen, eine unabhängige internationale Überprüfung der gesamten Präsidentenwahl sowie die Aufklärung der brutalen Übergriffe auf die Demonstranten und KritikerInnen, die mit vollem Recht gegen diese undemokratische Wahl protestieren.
Die Internationale Liga für Menschenrechte fordert die Bundesregierung und alle Mitgliedsregierungen der Europäischen Union dazu auf, mit ihrem gesamten politischen Gewicht auf die strikte Einhaltung der universellen Menschenrechte sowie auf die Achtung der Grundsätze der Demokratie durch die Islamische Republik Iran zu dringen.
1- Der Wächterrat ist das oberste Kontrollorgan, der laut § 91 der Islamischen Verfassung Irans u.a. die Bestätigung der Präsidentschaftskandidaten überprüft. Laut § 115 dieser Verfassung müssen Präsidentschaftskandidaten sowohl einen politischen als auch einen religiösen Hintergrund haben, iranische Staatsbürger sein und die Prinzipien der Islamischen Republik Iran unterstützen. Sie müssen außerdem der Staatsreligion, dem schiitischen Islam, angehören. Laut Verfassung der Islamischen Republik sind Frauen als Präsidentschaftskandidatinnen ausgeschlossen.