Internationale Liga für Menschenrechte

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PM:Strafanzeige beim Generalbundesanwalt erstattet

 

 

PRESSEMITTEILUNG

 

Strafanzeige beim Generalbundesanwalt erstattet

 

gegen Agenten US-amerikanischer, britischer und deutscher Geheimdienste, ihre Vorgesetzen sowie Mitglieder der Bundesregierung

wegen geheimdienstlicher Massenüberwachung durch NSA u. a.

Edward Snowden muss als sachverständiger Zeuge vernommen werden!

 

Mit Schriftsatz vom 03.02.2014 haben wir namens und im Auftrag der Internationalen Liga für Menschenrechte e.V., Berlin, und ihres Vizepräsidenten Rechtsanwalt Dr. Rolf Gössner als persönlich Betroffenem, des Chaos Computer Clubs, des Chaos Computer Clubs e. V., Hamburg, und seiner Sprecherin Dr. Constanze Kurz sowie des Vereins Digitalcourage e.V., Bielefeld und seinen Vorstandsmitgliedern Rena Tangens und padeluun Strafanzeige erstattet gegen

1) US-amerikanische, britische und deutsche Geheimdienstagenten und ihre Vorgesetzten,

2) den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), Herrn Gerhard Schindler,

3) den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) Herrn Dr. Hans-Georg Maaßen,

4) den Präsidenten des Amtes für den Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Herrn Ulrich Birkenheier,

5) die Leiter der Landesämter für Verfassungsschutz,

6) den Bundesminister des Inneren, Herrn Dr. Thomas de Maiziére,

7) die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und die übrigen Mitglieder der Bundesregierung,

8) sowie die Amtsvorgänger der Beschuldigten zu 2) bis 7)

insbesondere wegen verbotener Geheimdiensttätigkeit, Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs sowie Strafvereitelung.

Das Ergebnis der mehr als 50 Seiten umfassenden Strafanzeige ist eindeutig:

Es bestehen in ausreichendem Umfang Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten der Angezeigten. Ein Anfangsverdacht der in Frage kommenden Delikte ist zu bejahen. Demnach hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen aufzunehmen und ein Ermittlungsverfahren durchzuführen.

Die Präsidentin der Liga, Prof. Dr. Fanny-Michaela Reisin, erklärt hierzu:

 „Koordiniert von unserem internationalen Dachverband FIDH (Paris/Brüssel) erfolgt die Strafanzeige in Deutschland parallel zu vergleichbaren Anzeigen unserer Schwesterligen in Frankreich und Belgien. Damit sollen die geheimdienstlichen Übergriffe auf die Grundrechte in den jeweils unterschiedlich verfassten Staaten zunächst getrennt vor nationale Justizinstanzen und im Falle der Abweisung hier als Verstoß gegen die EMRK gemeinsam vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Anzeige gebracht werden. Die Liga ruft Vereinigungen und Einzelpersonen in der Bundesrepublik auf, sich der Strafanzeige anzuschließen und sie öffentlichkeitswirksam zu unterstützen.“

 

 

Die Strafanzeige wird eingeleitet durch eine Vorbemerkung zur Bedeutung der Strafverfolgung der geheimdienstlichen Massenüberwachung und anschließend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfangreich begründet; insbesondere werden dargelegt

  • die bisher bekannt gewordenen Fakten über die Organisation der anlasslosen Massenüberwachung und –ausforschung durch die NSA und den britischen Geheimdienst
  • die enge Kooperation und die Unterstützung dieser Massenüberwachung durch ihre bundesdeutschen Partnerdienste BND, MAD und Verfassungsschutz, für die im Wesentlichen die Leiter der Behörden, das Bundeskanzleramt, der Bundesinnenminister und die gesamte Bundesregierung die Verantwortung tragen;

 

Anschließend wird die digitale Massenüberwachung an den Maßstäben der Grundrechte des Grundgesetzes und den Menschenrechten der Europäischen Menschenrechts Konvention (EMRK) gemessen.

Es wird weiter begründet, dass nach geltendem Recht keine Rechtfertigungsgründe für die Überwachung vorliegen und weshalb der Versuch der US-Administration, die Massenausforschung im Rahmen des so genannten „internationalen Kriegs gegen den Terror“ als notwendig zu rechtfertigen, völlig unhaltbar ist und gegen geltendes internationales Recht verstößt. Die Verfolgung von Terroristen ist die Aufgabe von Polizei und Justiz, die nicht einfach zur Aufgabe von Geheimdiensten und Militär gemacht werden kann.

 

Schließlich wird der Tatverdacht nach den Straftatbeständen des Strafgesetzbuchsuntersucht mit dem Ergebnis, dass ein begründeter Anfangsverdacht der verbotenen Geheimdiensttätigkeit nach § 99, Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs nach §§ 201 ff. sowie Strafvereitelung nach § 258 StGB besteht. Demnach hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen aufzunehmen.

 

Nach bisherigen Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen liegen dieser an­geblich keine gesicherten Erkenntnisse über die Massenüberwachung durch NSA & Co. vor. Andererseits heißt es, sie gehe davon aus, dass die NSA sich an das hiesige Recht halte, obwohl dies spätestens seit dem Bekanntwerden des Ab­hörens des Handys der Bundeskanzlerin unhaltbar geworden ist.

Deshalb wird in der Strafanzeige u.a. die Ladung und Vernehmung des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden als sachverständiger Zeuge verlangt – unter der Voraussetzung, dass ihm der notwendige Schutz vor Auslieferung in die USA bzw. vor Kidnapping durch US-Spezial-Kommandos gewährleistet wird.

Berlin, den 3.2.2014

H-Eberhard Schultz und Claus Förster, Rechtsanwälte

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung

-> Die Strafanzeigeschrift wird auf Anfrage im Liga-Büro und ebenso in der Anwaltskanzlei zugesandt.

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