Internationale Liga für Menschenrechte

Internetpräsenz der Internationalen Liga für Menschenrechte

Keine Kampfdrohnen für die Bundeswehr! Ein Offener Brief an Sigmar Gabriel und die Delegierten des Bundesparteitags der SPD

Sehr geehrter Herr Gabriel,
sehr geehrte Delegierte des Bundesparteitags der SPD,

eines der wichtigsten Themen, das dem ordentlichen Bundesparteitags der SPD vom 10. bis 12. Dezember vorliegt, ist die immer noch ungeklärte Position der SPD zur Frage der Entwicklung und Anschaffung von bewaffnungsfähigen oder bewaffneten Kampfdrohnen. Mehrere Landes- und Ortsverbände der SPD haben für diesen Bundesparteitag Anträge gegen die Anschaffung und den Einsatz von bewaffneten Kampfdrohnen und für die internationale Ächtung unbemannter Kampfsysteme gestellt (siehe Rückseite dieses Briefs). Die SPD muss nun endlich ein klares Zeichen setzen, dass sie bereit ist, für die internationale Ächtung dieser Waffe zu kämpfen.

Nach vielen Studien und anderen Veröffentlichungen, neuerdings auch durch US-Whistleblower, sind die verheerenden Konsequenzen des Einsatzes und der Verbreitung dieser Waffe klar. Überwiegend Unbeteiligte werden getroffen; die Rekrutierung durch Terror-Organisationen wird dadurch gefördert. Der Einsatz der Waffe kann sich der demokratischen Kontrolle durch Kongress oder Parlament leicht entziehen und ist deshalb geeignet für völkerrechtswidrige oder verfassungswidrige Handlungen – z.B. für extralegale „gezielte“ Tötungen. Ihre Anschaffung und Verbreitung führen zu neuem Wettrüsten und auf den Weg der Autonomisierung der Systeme.

Trotz dieser von Wissenschaftlern bestätigten Argumente ist die Bundesregierung immer noch bestrebt, bewaffnungsfähige Drohnen für die Bundeswehr zu entwickeln. Und in einigen Monaten wird wieder zur Debatte stehen, ob die Bundesregierung als „Übergangslösung“ bewaffnete Drohnen mieten oder kaufen soll. Ignorieren wir in Deutschland die völkerrechtswidrigen, humanitären und ethischen Bedenken über diese Waffe, würde die deutsche Regierung damit international ein verheerendes Signal geben. Auch wenn die deutsche Regierung im Moment beteuert, sie würde Drohnen nicht völkerrechtswidrig einsetzen wollen: Die beste Versicherung dagegen ist – sie gar nicht erst anzuschaffen.

Noch ist es nicht zu spät! Die Bundeswehr hat keine bewaffnungsfähigen oder bewaffneten Drohnen im Arsenal und braucht solche Waffen auch nicht. Deutschland kann und muss eine führende Rolle spielen in den internationalen Bemühungen, diese Waffe unter völkerrechtliche Kontrolle zu bringen.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands kann hier den Weg zeigen. Sie, Herr Gabriel, können dafür der Schrittmacher sein. Von diesem Parteitag muss ein Signal ausgehen, dass die SPD diese gefährliche Waffe nicht will. Wir begrüßen die vielen SPD-Genossinnen und Genossen, die sich gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen und für die Ächtung dieser Waffe einsetzen. Wir werden in den kommenden Monaten weiterhin Unterschriften für den Appell „Keine Kampfdrohnen!“ (www.drohnen-kampagne.de) sammeln, der schon durch die unten gelisteten 140 Organisationen und mehrere Zehntausend Einzelpersonen unterschrieben worden ist.

Berlin, den 8.12.2015

Mit solidarischen Grüßen

Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag
Elsa Rassbach, DFG-VK und Sprecherin der US-Friedensorganisation Code Pink in Deutschland
Fanny-Michaela Reisin, Präsidentin der Internationalen Liga für Menschenrechte e. V.
Laura von Wimmersperg, Sprecherin der Friedenskoordination Berlin
Barbara Fuchs, attac-AG Globalisierung und Krieg

i.A. der AG Drohnen der Friedenskoordination Berlin in der Drohnen-Kampagne

Aachener Friedenspreis e.V., AKF-Arbeitskreis für Friedenspolitik, AK Rüstungskonversion, Aktion Freiheit statt Angst e.V., Berlin, Antikriegshaus Sievershausen, Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier, Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, OG Hannover, Arbeitsstelle Frieden und Abrüstung e.V. (asfrab), Assoziation Daemmerung, attac Deutschland, Augsburger Friedensinitiative (AFI), AWC Deutschland e.V.-Weltbürgerinnen und Weltbürger, BDSBerlin, Berliner Arbeitskreis Uran-Munition, Berliner Bündnis Schule ohne Militär, Brandenburg-Berliner Initiative für Zivilklausel gegen Rüstungs- und Militärforschung, Bremer Friedensforum, Bremische Stiftung Rüstungskonversion und Friedensforschung, Bundesausschuss Friedensratschlag, Bundesverband der Juso-Hochschulgruppen, Bündnis 90/Die Grüne (Partei, Bundesvorstand), Bündnis für die Zukunft Hannover, Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung e.V., BI OFFENeHEIDe, CCC-Chaos Computer Club e.V., CODEPINK Germany, COMM e.V., Coop Antikriegscafe Berlin, Deutscher Freidenker-Verband,Deutscher Friedensrat e.V., DFG-VK Bundesverband, DFG-VK Niedersachsen-Bremen, DFG-VK Flensburg, DFG-VK Hamburg, DFG-VK Kiel, DFG-VK Baden-Württemberg, DIDF (Föderation demokratischer Arbeitervereine), Die AnStifter, Die Freiheitsliebe, Die Linke (Partei, Bundesvorstand), digitalcourage e.V., Digitale Gesellschaft e.V., DKP (Partei, Bundesvorstand), Dortmunder Friedensforum, Emder Friedensforum, Essener Friedensforum, European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR), Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), FBK Freundschaftsgesellschaft Berlin-Kuba e.V., FIfF-Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V., FIW Friedensinitiative Berlin-Wilmersdorf, Forum Friedensethik (FFE) in der Evangelischen Landeskirche in Baden, Forum Friedenspsychologie e.V., Frauennetzwerk für Frieden e.V., Frauen wagen Frieden, freiheitsfoo, Friedensbündnis Karlsruhe, Friedensbüro Hannover e.V., Friedensforum Duisburg, Friedensinitiative Hamburg-Niendorf, Friedensinitiative Köln Sülz/Klettenberg, Friedensinitiative Zehlendorf e.V., Friedenskreis Castrop-Rauxel, Friedenskreis Lübeck/Herzogtum Lauenburg, Friedensnetz Saar, Friedensnetzwerk Kreis Pinneberg, Friedensplenum Bochum, Friedensplenum Tübingen/Antikriegsbündnis, Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V., Frankfurt/Main, Friedenswerkstatt Kiel, GBM-Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e. V., Gegenuniversität in Gründung-GIG (Sub-Committee on the Integration ofHumanities), Georg-Elser-Initiative Bremen (GEIB), GEW-Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Berlin, GEW-Ausschuss für Friedenserziehung (GEW-Hamburg), Gruppen der Berliner Friedenskoordination, Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e. V., Hanfparade-JaKiS e.V. Berlin, Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg, Hiroshima-Arbeitsgemeinschaft Kiel, Humanistische Union, Humanwirtschaftspartei, Sächsischer Landesverband, IALANA -Juristen und Juristinnen gegen ABC-Waffen-Für gewaltfreie Friedensgestaltung, IFFF-WILPF-Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, ILMR-Internationale Liga für Menschenrechte, IMI e.V. -Informationsstelle Militarisierung, Informationsstelle für Friedensarbeit-Meckenheim (Information BureauforPeace Work), Initiative friedliche Uni Augsburg, Initiative Hochschulen für den Frieden, Initiative „Kein Militär mehr“, Initiative „Nein zum Kriegsflughafen“- Leipzig, Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg, Initiative gegen Waffen vom Bodensee, IPPNW Deutschland-Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs Ärzte in sozialer Verantwortung e.V., IPPNW-AK Süd-Nord, IPPNW-Regionalgruppe Hamburg, Jusos Erlangen, Juso HSG Köln, Kasseler Friedensforum, Kölner Friedensforum, Kooperation für den Frieden, Komitee für Grundrechte und Demokratie, Kriwi-Unterstützung internationaler Kommunikation kritischer WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen e.V., Landesverband Berlin im Deutschen Freidenker-Verband e.V., Lebenshaus Schwäbische-Alb, Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus, Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung (BIFA)Münchner Friedensbündnis, Munich American PeaceCommittee (MAPC), Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg, NaturFreunde Deutschlands, NatWiss-NaturwissenschafterInnen-Initiative Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit, Netzwerk Regenbogen, Occupy Hamburg, Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), Ökumenische Aktion Ohne Rüstung Leben, Ökumenisches Netz Rhein-Mosel-Saar, Ökumenisches Zentrum für Friedens-, Umwelt- und Eine-Welt-Arbeit e.V., Offene Arbeit Erfurt, Basisgemeinde des Evang. Kirchenkreises Erfurt, Onlineaktivisten, Ostermarsch Rhein Ruhr Komitee, paligro-Pazifistische Liga Großenhainpaxchristi-Bistumsstelle Mainz, paxchristi -Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart, paxchristi-Kommission Friedenspolitik, paxchristi München, paxchristi-Regionalgruppe Düren, Piratenpartei (Partei, Bundesvorstand), Pusdorfer Friedensgruppe, Bremen, PPF-Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden, RAV-Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein, RüstungsInformationsBüro Freiburg-RIB e.V., SDS HAW Hamburg, SPD Erlangen-Stadt, Thüringer Friedenskoordination/Aktionskreis für Frieden e.V., Truderinger Frauen für Frieden und Abrüstung, Unite!-Demokratische Jugend, VVN-BdA-Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten, VVN-BdA Landesvereinigung NRW, Kreisvereinigung Düsseldorf, Würselener Initiative für den Frieden, ZAA Zusammenarbeitsausschuss der Friedensbewegung Schleswig Holstein

SPD – Auszüge aus Anträgen zum ordentlichen Bundesparteitag 2015

https://www.spd.de/scalableImageBlob/131238/data/20151113_antragsbuch_parteitag-data.pdf

Landesverband Schleswig-Holstein (S. 106)
Friedenspolitik heute
Wir sprechen uns gegen die Anschaffung und den Einsatz von bewaffneten Kampfdrohnen und für die internationale Ächtung unbemannter Kampfsysteme aus.

Landesverband Berlin (S.121)
Friedenspolitik aktiv gestalten!
Den Ankauf, den Einsatz oder die Entwicklung von Kampfdrohnen lehnen wir ab. Für das als Offensivwaffe konzipierte Gerät fehlt es nicht nur an einer sicherheits- und verteidigungspolitischen Notwendigkeit. Vielmehr ist ein Einsatz von Kampfdrohnen in ethisch vertretbarer Weise nicht durchführbar, denn die anwachsende Distanz zwischen Steuerungs- und Einsatzort erhöht möglicherweise das Risiko einer automatisierten Kriegsführung und die prinzipielle Einsatzbereitschaft militärischer Mittel, aufgrund der fehlenden Gefahr für das Leben eigener SoldatInnen.

Ortsverein Gelsenkirchen (S. 134)
Frieden – Oberstes Ziel unseres politischen Handelns
Wir sind der Ansicht, dass militärische Forschung und zivile Forschung nicht gleich behandelt werden dürfen. Insbesondere sollen zivile Universitäten sich nicht an militärischen Forschungsprojekten beteiligen. Bei bestimmten militärischen Technologien (bspw. Kampfdrohnen oder besonders zerstörerische Lenkwaffen) müssen aus ethischer Sicht begründete Forschungsbeschränkungen und Produktionsverbote international durchgesetzt werden. Militärische Forschungen sind grundsätzlich von ziviler Forschung zu trennen.

Arbeitsgemeinschaft 60plus (S. 167)
Ablehnung von bewaffneten Drohnen
Der Bundesparteitag lehnt mit Entschiedenheit die Planung des Bundesministeriums für Verteidigung ab, Drohnen zu entwickeln, die auch für den bewaffneten Einsatz geeignet sind.

Bezirk Hessen-Süd (S. 167)
Keine Kampfdrohnen für die Bundeswehr
Die SPD lehnt die Anschaffung von bewaffneten unbemannten Luftfahrzeugen für die Bundeswehr und die nachträgliche Aufrüstung unbewaffneter unbemannter Luftfahrzeuge ab.

Ortsverein Hannover Kirchrode/Bemerode/Wülferode (Bezirk Hannover) (S. 170)
Kein Einsatz von Kampfdrohnen in der Bundeswehr
Gerade im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingssituation und der notwendigen Bekämpfung und Beseitigung von Fluchtursachen werden die SPD-Bundestagsabgeordneten dazu aufgefordert,

  1. Sich unter anderem für die Ächtung und ein weltweites Verbot von Kampfdrohnen einzusetzen,
  2. Sich gegen die Anschaffung sowie den Einsatz von bewaffneten und kampffähigen unbemannten Luftfahrzeugen (Kampfdrohnen), durch die Bundeswehr oder andere deutsche staatliche Institutionen, sowie die damit bezweckte gezielte Tötung von Menschen, im In- und Ausland strikt einzusetzen,
  3. Sich für die Schaffung von völkerrechtlich bindenden Grundlagen rundum den möglichen Status und den Einsatz dieser Waffen einzusetzen. Sofern dies nicht gelingt, ist ein weltweites Verbot und eine Ächtung dieser durchzusetzen,
  4. Und sich dafür einzusetzen, dass der Einsatz von Spähdrohnen durch die Bundeswehr nur in Kriegs- und äußeren Krisengebieten zulässig ist. Ein Einsatz im Inneren hat zu unterbleiben, ausgenommen im Rahmen der Amtshilfe bei Großschadenslagen (Katastrophen).